Geschäft ist Geschäft – die Köter sind mir doch egal …

… dann hole ich mir halt neue.

Diese Einstellung hatten offensichtlich Hundehalter von 53 (!) Greyhounds in einem vom Verwaltungsgericht Koblenz nun entschiedenen Fall.

Das Verwaltungsgericht Koblenz hat die Klage der Hundehalter gegen ein Hundebetreuungsverbot und Hundehaltungsverbot (gegen die Wegnahme der bislang gehaltenen Hunde haben sie sich vor Gericht nicht mehr gewehrt) aufgrund der offensichtlichen Vernachlässigung der für Windhundrennen eingesetzten Hunde abgewiesen.

Worum ging es konkret?

Die Kläger wandten sich mit ihrer Klage gegen das Verbot des Haltens und Betreuens von Tieren.

Im Vorfeld der angefochtenen Verfügung durchsuchten das Veterinäramt des Beklagten und die Kriminalpolizei das Wohnhaus der Kläger, nachdem das Amtsgericht die Durchsuchung wegen des Verdachts eines Vergehens nach § 17 TierSchG angeordnet hatte.

In dem Haus wurden ausweislich des Kontrollberichts insgesamt 53 Hunde der Rasse Greyhound vorgefunden, davon 48 erwachsene Tiere und fünf Welpen, sowie der verwesende Kadaver eines Hundes mittleren Alters. Im Erdgeschoss war der Aufenthaltsbereich der Hunde stark mit Kot und Urin verschmutzt. Im Flur befanden sich elf Gitterboxen, in neun davon befand sich jeweils ein Hund. In den meisten Boxen befand sich kein Wasser; einzelne Boxen waren mit Kot und Urin verschmutzt. Ein angrenzender Raum war schlecht belüftet und es herrschte ein stechender Ammoniakgeruch. Dort befanden sich stark verschmutzte Matratzen als Liegeflächen sowie sieben leere Gitterboxen. In einem dunklen Nachbarraum, dessen Fläche nach Abzug der Möbel etwa 4,5 m2 betrug, wurden vier Hündinnen, in einem weiteren, ebenfalls dunklen Raum sieben Hunde auf einer Fläche von ca. 14 m2 und im Wohnzimmer eine Mutterhündin mit fünf Welpen in einem Gitterauslauf mit einer Größe von etwa 6,25 m2 gehalten. In dem durch ein Gitter abgetrennten Obergeschoss befanden sich weitere Hunde, deren Aufenthaltsbereich ebenfalls stark mit Kot und Urin verschmutzt war.

Der Beklagte ordnete die Wegnahme sämtlicher Tiere mündlich an und nahm die Hunde am gleichen Tag mit. Während der Wegnahme liefen die Hunde aufgeregt umher; bei der Herausnahme aus der Gruppe waren sie verschüchtert oder panisch.
Ein Großteil der Hunde war nicht leinenführig und konnte keine Treppenstufen laufen. Teilweise verharrten die Hunde regungslos in ihren Boxen und verließen diese nur zögerlich oder mussten herausgehoben werden.

Mit gleichlautenden, gesondert an die Klägerin und den Kläger gerichteten Bescheiden bestätigte der Beklagte schriftlich

  1. die dauerhafte Fortnahme und anderweitige pflegliche Unterbringung der Hunde (Ziffer 1) und
  2. ordnete die freihändige Veräußerung der Hunde (Ziffer 2) sowie
  3. ein Haltungs- und Betreuungsverbot für Tiere aller Art (Ziffer 3) an.
  4. Für den Fall der Missachtung des Haltungs- und Betreuungsverbotes drohte er die Anwendung unmittelbaren Zwangs an (Ziffer 4) und
  5. ordnete die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 – 3 an (Ziffer 5).

Zur Begründung führte der Beklagte an, die Hundehaltung weise in einer Vielzahl von Punkten erhebliche Mängel auf. Der Platz reiche für die große Anzahl der Tiere bei Weitem nicht aus. In Zwingerhaltung müsse einem Hund von der Größe eines Greyhounds eine Fläche von 10 m2 zur Verfügung stehen; für jeden weiteren Hund zusätzlich die Hälfte dieser Fläche und für eine Hündin mit Welpen 20 m². Tatsächlich habe das Wohnhaus lediglich eine Wohnfläche von ca. 200 m², die aufgrund der Möblierung und der Gitterboxen zudem nicht voll zur Verfügung gestanden hätte. Zwei Hundegruppen seien tierschutzwidrig in komplett abgedunkelten Räumen ohne ausreichende Belüftung gehalten worden.

Die Verschmutzung des Aufenthaltsbereiches mit Urin und Kot stelle eine Infektionsquelle und damit ein Gesundheitsrisiko dar; zudem entstehe durch die Mischung von Urin und Kot das Reizgas Ammoniak, was chronische Reizungen und allergische Reaktionen der Haut und der Schleimhäute hervorrufen könne.

Aufgrund derart unhygienischer Verhältnisse würden geruchsempfindliche Tiere wie Hunde leiden. Den Hunden sei zudem nicht ausreichend Auslauf im Freien gewährt worden. Da dies bei Greyhounds außerhalb eingezäunter Flächen kaum möglich sei, sei der Auslauf durch Bahnrennen oder Coursing sicherzustellen. Eine rassespezifische Auslastung von 53 Hunden sei zwei Personen nicht möglich. Der Auslauf auf dem Grundstück genüge nicht, um neben der Bewegung neue Umweltreize und Eindrücke zu gewährleisten. Es sei aufgrund der Verschmutzung
des Hauses auch nicht davon auszugehen, dass hinreichend Auslauf gewährt worden sei, da Hunde ihre Aufenthaltsbereiche in der Regel sauber hielten.

Die Reaktionen der Tiere bei der Wegnahme stellten Anzeichen für ein Deprivationssyndrom dar. Die reizarme Aufzucht führe dazu, dass die Tiere Ängste entwickelten, was ein pathologisches Ausmaß annehmen könne, aber auch unterhalb dieser Schwelle Stress verursache. Die Gruppentierhaltung habe eine unkontrollierte Vermehrung nicht ausgeschlossen. Der Großteil der in Gitterboxen untergebrachten Hunde sowie die Mutterhündin und ihre Welpen hätten keinen Zugang zu frischem Wasser gehabt. Erkrankungen und Verletzungen hätten die Kläger nicht tierärztlich behandeln lassen. Eine Hündin habe einen offenen Tumor.
Viele Hunde litten an Zahnstein, Zahnfleischentzündungen (Gingivitis) und Entzündungen des Zahnhalteapparates (Parodontitis). Die Parodontitis führe zu Störungen des Allgemeinbefindens und begünstige weitere Entzündungen, außerdem führten die dadurch verursachten Schmerzen zu einer verminderten Nahrungsaufnahme und damit zu Mangelernährung. Eine Vielzahl der Hunde habe akute Bissverletzungen gehabt, zwei davon seien eitrig infiziert gewesen. Die Hunde hätten aufgrund der Bissverletzungen, der Entzündungen sowie des Tumors teilweise akut und andauernd unter Schmerzen gelitten, weil die Kläger die Tiere nicht tierärztlich hätten behandeln lassen. Insgesamt hätten die Kläger den Anforderungen des § 2 TierSchG grob zuwidergehandelt. Die Voraussetzungen für die Fortnahme, Veräußerung und Haltungs- und Betreuungsuntersagung lägen daher vor. Die über eine längere Zeit andauernden Verstöße und das Unvermögen, das erhebliche Leiden zu erkennen und tierschutzkonforme Verhältnisse zu schaffen, ließen ein künftiges tierschutzwidriges Verhalten erwarten. Mildere Handlungsalternativen kämen nicht in Betracht.

Gegen die Bescheide vom erhoben die Kläger Widerspruch.

In der Folge fertigte die Amtstierärztin ein weiteres tierärztliches
Gutachten mit Befunderhebungen für sämtliche Hunde an. Lediglich bei den fünf Welpen und einem erwachsenen Hund seien weder Gesundheits- noch Pflegezustand zu bemängeln gewesen. Die Befunde bei den übrigen Tieren ließen auf eine erhebliche Vernachlässigung schließen.
In der mündlichen Erörterung vor dem Kreisrechtsausschuss des Beklagten trugen die Kläger vor, es gebe tierärztliche Berichte, die den ordnungsgemäßen Ernährungs- und Pflegezustand
der Tiere belegten. An der Rückgabe der Hunde hätten sie kein Interesse, sie wollten aber künftig weiter einige Hunde halten dürfen.

Mit Widerspruchsbescheid wies der Beklagte den Widerspruch,
den die Kläger im Erörterungstermin vor dem Kreisrechtsausschuss auf das mit Ziffer 3 verfügte Haltungs- und Betreuungsverbot, die Zwangsmittelandrohung in Ziffer 4 sowie die sofortige Vollziehung in Ziffer 5 beschränkt hatten, zurück.

Hiergegen haben die Hundehalter sodann Klage erhoben.

Die Klage haben sie damit begründet, dass die beanstandeten Verletzungen und Erkrankungen vor der Wegnahme noch nicht vorgelegen hätten. Die festgestellten „Verstöße“ rührten aus dem am Wegnahmetag erfahrenen Stress. Bei Greyhounds träten häufig stressbedingte Erkrankungen wie Allergien, Hauptprobleme, Haarausfall, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Fresssucht oder unangenehmer Körpergeruch auf; insbesondere Tiere, die vormals Rennen gelaufen seien, neigten zudem dazu, bei Stress zu beißen. Derartigem Stress seien die Tiere im Zusammenhang mit der
Wegnahme ausgesetzt gewesen, weil am Tag der Durchsuchung laut gegen die Haustüre geschlagen worden sei und die Zustände auch aufgrund der Anwesenheit von acht fremden Personen chaotisch gewesen seien. Die Hunde seien zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Garten gewesen und hätten deshalb aufgrund von Furcht, Angst und Panik in die Wohnräume gekotet und uriniert.
Diverse Tierärzte, Rennbahntierärzte sowie eine Schiedsrichterin und der CEO der „Greyhound-Data Ltd“ könnten bestätigen, dass die Kläger ihre Hunde stets ordnungsgemäß gehalten hätten. Sie hätten seit Jahrzehnten Greyhounds gehabt und bis vor kurzem regelmäßig an Rennen teilgenommen. Die Befunde des amtstierärztlichen Gutachtens seien nicht nachvollziehbar. Es stelle ältere und tierärztlich versorgte Verletzungen als Verstöße dar. Verletzte Tiere seien jedoch stets Tierärzten vorgestellt und behandelt worden. Soweit möglich hätten die Kläger Verletzungen nach Anweisung und unter Aufsicht der Tierärzte selbst behandelt. Im Jahr 2016 hätten die Kläger einen Hund nach einer Rennverletzung tierärztlich behandeln lassen. Die an einem Tumor erkrankte Hündin habe man in Absprache mit einem Tierarzt „bei keinen Schmerzen“ wegen des Sterberisikos bei einer Narkose nicht operieren lassen.

Das generelle Haltungsverbot sei unverhältnismäßig. Es fehle an Anhaltspunkten dafür, dass es bei der von den Klägern erstrebten Haltung von maximal drei Hunden zu Verstößen gegen Tierschutzgrundsätze komme.

Dieser Argumentation ist das Verwaltungsgericht Koblenz nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen.

Die Entscheidung:

Das Haltungs- und Betreuungsverbot ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Koblenz rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Das Verbot findet seine Rechtsgrundlage in § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG. Danach kann die Behörde demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nr. 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger andauernde Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von einem entsprechenden Sachkundenachweis abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird.

Gemäß § 2 Nr. 1 TierSchG muss derjenige, der ein Tier hält oder betreut, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen. Er darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden, § 2 Nr. 2 TierSchG.
Hinsichtlich des Hundes ergeben sich die tierschutzrechtlichen Anforderungen konkretisierend aus der auf Grund von § 2a erlassenen Tierschutz-Hundeverordnung (TierSchHuV), die insbesondere gebietet, ausreichenden Auslauf sowie Kontakt mit anderen Hunden zu gewährleisten (§ 2 Nr. 1 und 3 TierSchHuV), Hunde nur in Räumen mit ausreichendem Tageslicht und Frischluftversorgung zu halten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 bzw. Satz 5 TierSchHuV), im gewöhnlichen Aufenthaltsbereich jederzeit Wasser sowie artgerechtes Futter in ausreichender Menge und Qualität zur Verfügung zu stellen (§ 8 Abs. 1 TierSchHuV), den Hund unter Berücksichtigung des der Rasse entsprechenden
Bedarfs regelmäßig zu pflegen und für seine Gesundheit Sorge zu tragen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 TierSchHuV) und den Aufenthaltsbereich des Hundes sauber und ungezieferfrei zu halten, wobei Kot täglich zu entfernen ist (§ 8 Abs. 2 Nr. 4 TierSchHuV). Auf Verschulden kommt es in diesem Zusammenhang nicht an1.

Ein Verbot setzt zudem nicht voraus, dass die Zuwiderhandlungen bezüglicher aller gehaltenen oder betreuten Tiere begangen worden sind2.
Leiden im Sinne von § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG sind schon dann anzunehmen, wenn Tiere über einen nicht nur ganz geringfügigen Zeitraum hinweg in ihrem natürlichen Wohlbefinden beeinträchtigt werden; sie setzen nicht voraus, dass das Tier krank oder verletzt ist und erst recht nicht, dass die Beeinträchtigungen so schwerwiegend sind, dass sie (sofortiger) tierärztlicher Versorgung und Behandlung bedürfen3.

Dies vorausgeschickt liegen nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Koblenz die Voraussetzungen für den Erlass eines Haltungs- und Betreuungsverbotes hier vor.

Die Kläger haben den Vorschriften des § 2 TierSchG und der TierSchHuV grob und wiederholt zuwidergehandelt und dadurch den von ihnen gehaltenen Hunden erhebliche oder länger andauernde Schmerzen und Leiden zugefügt. Das Gericht schließt sich insoweit den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen der Gutachten der Amtstierärztin an, deren fachlicher Beurteilung als gesetzlich vorgesehene Sachverständige besonderes Gewicht zukommt (vgl. § 15 Abs. 2 TierSchG).

Die Kläger haben die Tiere nicht gemäß § 2 Nr. 1 TierSchG ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend angemessen ernährt, gepflegt und verhaltensgerecht untergebracht. Mehreren der in verschlossenen Boxen untergebrachten Hunden sowie der säugenden Mutterhündin und ihren fünf Welpen stand entgegen § 8 Abs. 1 TierSchHuV kein Wasser zur Verfügung, was nicht nur das Wohlbefinden erheblich beeinträchtigt, sondern sich auch lebensbedrohlich auswirken kann. Der Aufenthaltsbereich der Hunde war entgegen § 2 Nr. 1 TierSchG, § 8 Abs. 2 Nr. 4 TierSchHuV nicht sauber gehalten, sondern mit Kot und Urin stark verunreinigt.
Durch deren Vermischung hatte sich Ammoniak gebildet. Dieses stechend riechende Reizgas kann zu chronischen Reizungen und allergischen Reaktionen führen; aufgrund ihres Riechvermögens nehmen Hunde zudem den unangenehmen Geruch stärker dar als Menschen und leiden daran.

Der im Wohnhaus vorhandene Platz genügte nicht den tierschutzrechtlichen Anforderungen. Das Verwaltungsgericht Koblenz orientiert sich dabei an den Vorgaben von § 6 Abs. 2 TierSchHuV, der den Flächenbedarf bei der Zwingerhaltung regelt, aber über seinen direkten Anwendungsbereich hinaus einen aussagekräftigen Anhaltspunkt auch für die Beurteilung des Raumbedarfs von Hunden in Räumlichkeiten bietet, die – wie hier – mit einem Zwinger vergleichbar sind4. Danach muss für einen Hund mit einer Widerristhöhe von mehr als 65 cm – wie dem Greyhound – eine Bodenfläche von mindestens 10 m² vorhanden sein (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 1 TierSchHuV), für jeden weiteren in demselben Zwinger gehaltenen Hund muss zusätzlich die Hälfte dieser Fläche, also 5 m² zur Verfügung stehen (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 2 TierSchHuV). Für jede Hündin mit Welpen muss das Doppelte der benutzbaren Bodenfläche nach Nummer 1 zur Verfügung stehen, hier mithin 20 m² (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 3 TierSchHuV)

Gemessen hieran war, so das Verwaltungsgericht Koblenz weiter, der im Wohnhaus der Kläger vorhandene Platz bei Weitem nicht ausreichend. Der Mutterhündin und ihren Welpen stand anstatt der erforderlichen 20 m² lediglich eine Fläche von etwa 6,25 m² zur Verfügung. Die übrigen Gitterboxen mit Grundflächen von deutlich unter 10 m² ermöglichten keinerlei Bewegung; die Hunde konnten darin nur stehen, liegen oder sich umdrehen. Den vier auf einer Fläche von etwa 5 m² untergebrachten Hündinnen hätte eine Fläche von mindestens 25 m2 ²zur Verfügung stehen müssen; den sieben Hunden, die auf ca. 14 m² gehalten wurden, hätte eine Fläche von mindestens 50 m² zur Verfügung stehen müssen Die beiden Hundegruppen wurden zudem entgegen § 5 Abs. 1 Satz 1 TierSchHuV in komplett abgedunkelten Räumen und entgegen § 5 Abs. 1 Satz 5 TierSchHuV ohne ausreichende Belüftung gehalten. Dies führt nach den gutachterlichen Äußerungen der Amtstierärztin zu Störungen des Hormonhaushalts, die sich in Beeinträchtigungen der Stoffwechselvorgänge niederschlagen. Die auch sonst beengten Haltungsbedingungen führten bei den Hunden zu Stress und Aggressivität untereinander und zu einem allgemein erheblich beeinträchtigten Wohlbefinden. Darüber hinaus war die Gruppentierhaltung– wie von den Klägern in der mündlichen Verhandlung eingeräumt – nicht so gestaltet, dass eine unkontrollierte Vermehrung ausgeschlossen war (§ 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 TierSchHuVO).

Den Hunden wurde zudem nicht der rassespezifisch gebotene Auslauf im Freien gewährt (§ 2 Nr. 2 TierSchG, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 TierSchHuV). Da ein Freilauf von Greyhounds außerhalb eingezäunter Flächen aufgrund ihres Jagdverhaltens kaum möglich ist, ist der Auslauf anderweitig (etwa durch Bahnrennen oder Coursing) zu gewährleisten. Dies ist hier unterblieben. Auch ein Ausführen der Tiere ist zwei Personen bei insgesamt 53 Hunden nicht möglich. Der Auslauf auf dem Grundstück vermag die gebotene Auslastung wegen des Fehlens von Umweltreizen nicht zu gewährleisten, wurde aber im Übrigen auch nicht ausreichend gewährt, worauf die Verschmutzung des Aufenthaltsbereichs, die zu langen Krallen bei fünf Hunden und verdickte Gelenke – ein Anzeichen für Arthrose – bei acht Hunden schließen lassen. Durch die fehlende Befriedigung dieses Grundbedürfnisses über einen längeren Zeitraum litten die Hunde.

Die Kläger haben die Tiere auch nicht im Sinne von § 2 Nr. 1 TierSchG gepflegt, so das Verwaltungsgericht Koblenz weiter.

Von den 53 Hunden war nur bei den fünf Welpen und einem erwachsenen Hund weder der Gesundheits-, noch der Pflegezustand zu bemängeln. Bei 38 Hunden wurden ein oder mehrere Befunde erhoben, die auf ihre erhebliche Vernachlässigung schließen ließen. Die stark abgemagerte Mutterhündin hatte Parodontitis, Durchfall, Erbrechen und eine nicht behandelten Gesäugeverletzung.

Bei 30 der Hunde wurde Zahnstein festgestellt, davon bei 17 hochgradig. Dies begünstigt die Entwicklung der bei 16 Hunden diagnostizierten Gingivitis, die sich unbehandelt zur schmerzhaften Parodontitis entwickelt, die bei sieben Hunden
diagnostiziert wurde. Die Schmerzen beim Kauen führen zu einer verminderten Nahrungsaufnahme, weshalb vier der daran erkrankten Tiere bereits abgemagert waren. 16 der Hunde hatten Durchfall. Zwei Hunden hatten eine Bindehautentzündung. Zwei Hunde litten an einer Ohrenentzündung, in einem Fall davon hochgradig und über einen längeren Zeitraum, was mit erheblichen Schmerzen verbunden war. 13 Hunde hatten Hautprobleme. Acht Hunde hatten akute Verletzungen – größtenteils Bissverletzungen –, zwei davon waren eitrig infiziert. Nahezu alle Hunde hatten Narben alter Bissverletzungen. Eine stark abgemagerte Hündin litt wegen eines offenen Tumors in einem fortgeschrittenen Stadium an ganz erheblichen Schmerzen. Diese Erkrankungen und Verletzungen haben die Kläger entgegen § 2 Nr. 1 TierSchG, § 8 Abs. 2 Nr. 1 TierSchHuV nicht tierärztlich untersuchen und behandeln lassen.

Die aufgezeigten groben und wiederholten Zuwiderhandlungen haben bei den Tieren erhebliche oder länger andauernde Schmerzen und Leiden im Sinne des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Satz 1 TierSchG verursacht, so das Verwaltungsgericht Koblenz.

Das Vorbringen der Kläger gebietet keine andere Bewertung. Soweit sie einzelne Befunde abstreiten oder relativieren, ist dies durch die amtstierärztlichen Feststellungen widerlegt. Beamteten Tierärzten kommt hinsichtlich der Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG eine vorrangige fachliche Beurteilungskompetenz
zu (vgl. § 15 Abs. 2 TierSchG). Ein amtstierärztliches Gutachten ist daher grundsätzlich ausreichend und maßgeblich dafür, einen Verstoß gegen die Grundpflichten zur artgerechten Tierhaltung nach § 2 TierSchG nachzuweisen5. Pauschale Einwände oder schlichtes Bestreiten können eine amtstierärztliche Beurteilung nicht entkräften, hierzu ist vielmehr ein substantiiertes Gegenvorbringen erforderlich6.

Der Vortrag, die Tiere seien stets Tierärzten vorgestellt und behandelt worden und auch die an einem (offenen) Tumor leidende Hündin sei tierärztlich untersucht worden, ist ohne Nachweis geblieben, vielmehr wurden lediglich Behandlungsunterlagen aus dem Jahr 2016 vorgelegt.

Auch der Einwand in der mündlichen Verhandlung, die Klägerin sei am 10. Februar 2022 wegen der Durchsuchung in den Morgenstunden noch nicht dazu gekommen, Wasser aufzufüllen, ist unbehelflich, denn einem Hund muss nach § 8 Abs. 1 TierSchHuV jederzeit Wasser in ausreichender Qualität und Menge zur Verfügung stehen.

Die Behauptung der Klägerin, das Haus sei sonst ordentlich, sie habe bloß an diesem Tag noch keine Gelegenheit zur Reinigung gehabt, ist durch die aktenkundigen Lichtbilder, die ersichtlich schon länger bestehende Verschmutzungen erheblichen Ausmaßes auf den Böden, den Matratzen und an den Wänden zeigen, widerlegt.

Die Umstände des Einzelfalles rechtfertigen, so das Verwaltungsgericht Koblenz weiter, die Prognose des Beklagten, dass ohne das Haltungs- und Betreuungsverbot weiterhin Zuwiderhandlungen der Kläger zu erwarten waren. Eine negative Prognose kann in der Regel aufgrund der Zahl und / oder der Schwere der Verstöße angenommen werden; in die Prognose kann
auch einfließen, ob der Betroffene Einsicht in sein Fehlverhalten zeigt7.

Zu Recht geht der Beklagte nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Koblenz aufgrund der zahlreichen und gravierenden Verstöße davon aus, dass es ohne das Verbot abermals zu Verstößen kommen werde. Anhaltspunkte dafür, dass ein individueller Lernprozess stattgefunden hätte, der zu einem nachhaltigen Umdenken bezogen auf die Gründe des tierschutzwidrigen Verhaltens geführt hätte liegen nicht vor. Im Gegenteil indiziert der Umstand, dass die Kläger im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren keine Einsichtsfähigkeit gezeigt haben, sondern ihre Verstöße abgestritten oder bagatellisiert haben, weitere künftige Verstöße gegen das Tierschutzrecht.

Ermessensfehler im Sinne von § 114 Satz 1 VwGO liegen nicht vor, insbesondere ist das umfassende Haltungs- und Betreuungsverbot entgegen der Auffassung der Kläger verhältnismäßig. Eine Beschränkung der Tierhaltung auf drei Hunde ist unter dem Aspekt der Erforderlichkeit mit Blick auf die erheblichen Verstöße gegen die Vorgaben des § 2 TierSchG sowie die negative Gefahrenprognose ersichtlich nicht gleich geeignet, um die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Anforderungen sicherzustellen und künftige Schmerzen, Leiden und Schäden zu verhindern. Die Kläger sind – unabhängig von der Zahl der Tiere – nicht willens oder jedenfalls nicht in der Lage, die Bedürfnisse ihrer Tiere zu erkennen und sie ordnungsgemäß zu versorgen. Angesichts des grob tierschutzwidrigen Verhaltens der Kläger ist es zudem nicht zu beanstanden, dass sich das Haltungs- und Betreuungsverbot auf Tiere jeder Art erstreckt. Die fehlende Bereitschaft bzw. das Unvermögen, die Bedürfnisse der Tiere zu erkennen und der fehlende Wille oder jedenfalls die fehlende Fähigkeit, eigenes Fehlverhalten einzusehen, rechtfertigen die Annahme, dass die Kläger unabhängig von der Tierart ohne umfassendes Haltungs- und Betreuungsverbot auch künftig dem Tierschutzrecht zuwider handeln werden.

Das Haltungs- und Betreuungsverbot ist auch, so das Verwaltungsgericht Koblenz abschließend, nicht unangemessen. Mit dem Verbot ist nicht endgültig über die künftige Tierhaltungsmöglichkeit entschieden. Es bleibt den Klägern unbenommen, einen Antrag auf Wiedergestattung der Tierhaltung
nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Hs. 2 TierSchG zu stellen und nachzuweisen, dass der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist.

Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 29.01.2024 – 3 K 374/23.KO

  1. vgl. Hirt, in: Maisack/Moritz/Felde/Hirt, 4. Aufl. 2023, TierSchG § 16a Rn. 45 m.w.N. []
  2. OVG Niedersachsen, Urteil vom 20.04.2016 – 11 LB 29/15 []
  3. BayVGH, Beschluss vom 01.04.2021 – 23 ZB 21.297 []
  4. OVG NRW, Beschluss vom 30.06.2016 – 20 B 1408/15 []
  5. BayVGH, Beschluss vom 21.06.2023 – 23 ZB 23.100 []
  6. OVG Reinland-Pfalz, Beschluss vom 06.07.2021 – 7 A 11413/20.OVG []
  7. BayVGH, Beschluss vom 08.05.2019 – 23 ZB 18.756 []

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