Für die Absetzbarkeit eines häuslichen Arbeitszimmers kommt es nicht auf den Umfang der Nutzung an

Das „häusliche Arbeitszimmer“ ist ein beliebter Streitpunkt zwischen Steuerpflichtigen und dem Finanzamt. Da die Geltendmachung (bzw. die Anerkennung) der Kosten für ein (angebliches) häusliches Arbeitszimmer die Steuerlast durchaus senken kann, werden solche Kosten häufig in der Einkommensteuererklärung geltend gemacht. Wir hatten über entsprechende Entscheidungen zu dem Thema u.A. hier und hier berichtet.

Nun hatte der Bundesfinanzhof über den Fall einer Stewardess zu entscheiden, bei der das Finanzamt meinte, sie brauche aufgrund der geringen Zeut und des geringen Umfanges ein solches Arbeitszimmer gar nicht und ihr deshalb die Abzugsfähigkeit versagte.

Aber im Einzelnen:

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehegatten. Die Klägerin ist seit dem Jahr 2008 in Vollzeit als Flugbegleiterin tätig. Sie war zunächst bei der A angestellt, seit dem Jahr 2012 bei B mit Dienstflughafen C.

Die Kläger sind Eigentümer eines Einfamilienhauses mit einer Wohnfläche von 148 qm.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2013) machten die Kläger u.a. Aufwendungen in Höhe von 1.250 € für ein 13,5 qm großes Arbeitszimmer als Werbungskosten der Klägerin geltend. Sie trugen vor, für die in dem Arbeitszimmer verrichteten Tätigkeiten stehe der Klägerin kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung.

Sie habe in den Flugzeugen keine Möglichkeit, sich auf die Flüge vorzubereiten. Dies könne nur in ihrem häuslichen Arbeitszimmer geschehen. Die Klägerin müsse sich vor jedem Flug in das Informationssystem der B einwählen, um wichtige Informationen zu erhalten. Diese Informationen umfassten z.B. das Abrufen der persönlichen Dienstpläne, das Lesen von Dienstanweisungen, das Absolvieren von Trainingsprogrammen sowie allgemeine Flugvorbereitungen, z.B. die Ziel- und Zollbestimmungen der jeweiligen Länder, den Verlauf der Routen und damit verbundene Sicherheitsvorkehrungen, die Servicekonzepte, die spezielle Handhabung bei bestimmten Fluggästen, wie die Behandlung von Behinderten, Blinden, Kindern ohne Begleitung der Eltern u.s.w. Da die Klägerin bei Ankunft am Flughafen sofort im Geschehen sei, habe sie dort nicht die nötige Zeit, um sich um die genannten Vorbereitungen zu kümmern

Aus einer Aufstellung der Reisekosten ergab sich, dass die Klägerin an 66 Tagen zum Flughafen C und zurück gefahren war, sich an 27 Tagen auf Reisen im Inland und an 107 Tagen auf Reisen im Ausland befunden hatte (insgesamt 134 Reisetage).

Das beklagte Finanzamt setzte die Einkommensteuer ohne Berücksichtigung der Aufwendungen für das Arbeitszimmer fest.

Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht Düsseldorf wies die im Anschluss erhobene Klage zurück1.

Die Entscheidung:

Der Bundesfinanzhof hat der Revision der Kläger stattgegeben und diese Entscheidung aufgehoben (und die Sache an das Finanzgericht Düsseldorf zurückverwiesen).

Das Finanzgericht Düsseldorf hat nach Auffassung des Bundesfinanzhofs den Werbungskostenabzug zu Unrecht mit der seiner Ansicht nach im Hinblick auf den zeitlichen Nutzungsumfang fehlenden „Erforderlichkeit“ eines Arbeitszimmers abgelehnt.

Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt (Satz 3 Halbsatz 1). Die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (Satz 3 Halbsatz 2).

Häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist ein Raum, der seiner Ausstattung nach der Erzielung von Einnahmen dient und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zur Erzielung von Einkünften genutzt wird. Ein häusliches Arbeitszimmer ist seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden und dient vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten. Ein solcher Raum ist typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück ist. Entspricht ein Raum nach seinem äußeren Bild durch seine Einrichtung mit Büromöbeln dem Typus des Arbeitszimmers, muss er wie ausgeführt überdies (nahezu) ausschließlich zur Erzielung von Einkünften genutzt werden.

Aufwendungen für gemischt genutzte Räume, die in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden sind und die sowohl zur Erzielung von Einkünften als auch in mehr als nur untergeordnetem Umfang zu privaten Zwecken genutzt werden, sind hingegen insgesamt auch nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht abziehbar2.

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG bestimmt dabei abschließend, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer abziehbar sind. Weitere Voraussetzungen hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer regelt das Gesetz nicht. Die Erforderlichkeit ist kein Merkmal des Abzugstatbestands3. Der Gesetzgeber typisiert in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG die Abzugsvoraussetzungen für ein häusliches Arbeitszimmer, indem er die Abzugsmöglichkeit auf die zwei im Gesetz genannten Fallgruppen (kein anderer Arbeitsplatz, Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung) begrenzt. Der Steuerpflichtige ist in den vom Gesetz genannten Fallgruppen auf einen häuslichen Arbeitsplatz angewiesen, weshalb das Gesetz typisierend davon ausgeht, dass die Aufwendungen hierfür (nahezu) ausschließlich betrieblich/beruflich veranlasst sind, obwohl auch in diesen Fällen eine private Nutzung des Raums nicht überprüft und damit nicht ausgeschlossen werden kann4. Den in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Sätze 2 und 3 EStG angesprochenen Fallgruppen liegt daher die gesetzgeberische Überlegung zugrunde, dass die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in diesen Fällen erforderlich sind5.

Das Gesetz verwendet aber den Begriff der Erforderlichkeit oder Notwendigkeit nicht, so der Bundesfinanzhof. Vielmehr typisiert es mit den beiden genannten Fallgruppen die Erforderlichkeit der beruflichen oder betrieblichen Nutzung des Arbeitszimmers, ohne den Begriff der Erforderlichkeit in Gestalt eines unbestimmten Rechtsbegriffs zu einem Tatbestandsmerkmal zu erheben6. Ein zusätzliches ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit für die beiden Fälle, in denen die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer überhaupt nur abzugsfähig sind, folgt daher weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzesbegründung3. Denn mit den beiden in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG geregelten Fallgruppen sollen gerade Streitigkeiten über die Notwendigkeit eines Arbeitszimmers vermieden werden7.

Das Finanzgericht Düsseldorf ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Denn es hat rechtsfehlerhaft die Erforderlichkeit des Arbeitszimmers für die Tätigkeit der Klägerin als maßgebend erachtet. Darauf, dass die Klägerin die Arbeiten, für die ihr kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand, am Küchentisch, im Esszimmer oder in einem anderen Raum hätte erledigen können, kommt es nicht an. Sein Urteil kann deshalb nach Auffassung des Bundesfinanzhofs keinen Bestand haben.

Der Bundesfinanzhof konnte die Sache nicht abschliessend entscheiden und hat daher die Sache an das Finanzgericht Düsseldorf zurückverwiesen.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat nämlich zwar den Umfang der Arbeiten festgestellt, für die der Klägerin kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand. Es hat aber Feststellungen unterlassen, ob der Raum im Streitjahr tatsächlich – wie von den Klägern behauptet – (nahezu) ausschließlich zur Einkünfteerzielung verwendet wurde oder aber neben der einkünfterelevanten Nutzung eine schädliche private (Mit-)Nutzung vorlag. Derartige Feststellungen obliegen dem Finanzgericht als Tatsachengericht und sind zur Entscheidung des Falls erforderlich.

Kommt das Finanzgericht Düsseldorf, so der Bundesfinanzhof weiter, unter Beachtung der Regelungen zur Darlegungs- und Beweislast zu dem Ergebnis, dass etwaige sonstige private Tätigkeiten der Klägerin oder des Klägers in dem streitigen Raum im Verhältnis zur steuerrelevanten Nutzung des Arbeitszimmers als untergeordnet einzustufen sind und der Raum ausschließlich oder zumindest nahezu ausschließlich zur Erzielung von steuerbaren Einnahmen genutzt worden ist, sind die Aufwendungen für das streitige Zimmer als häusliches Arbeitszimmer zu berücksichtigen.
Gelangt das Finanzgericht Düsseldorf hingegen zu der Erkenntnis, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Nutzung des Arbeitszimmers auf andere private Tätigkeiten (z.B. Erledigung privater Korrespondenz, Aufbewahrung privater Unterlagen) entfällt, scheidet nach den Grundsätzen der Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs ein Abzug der Aufwendungen mangels Vorliegen eines häuslichen Arbeitszimmers sowie wegen gemischter Nutzung der Arbeitsmittel aus4.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 03.04.2019 – VI R 46/17

ECLI:DE:BFH:2019:U.030419.VIR46.17.0

  1. FG Düsseldorf, Urteil vom 04.05.2017 – 8 K 329/15 []
  2. BFH, Großer Senat, Beschluss vom 27.07.2015 – GrS 1/14, BFHE 251, 408, BStBl. II 2016, 265; BFH, Urteile vom 16.02.2016 – IX R 23/12; vom 17.02.2016 – X R 32/11, BFHE 253, 148, BStBl. II 2016, 708 []
  3. BFH, Urteil vom 08.03.2017 – IX R 52/14 [] []
  4. BFH, Großer Senat, Beschluss vom 27.07.2015 – GrS 1/14, BFHE 251, 408, BStBl. II 2016, 265 [] []
  5. vgl. Heger, Der Betrieb 2016, 249 []
  6. BFH, Urteil vom 27.09.1996 – VI R 47/96, BFHE 181, 305, BStBl. II 1997, 68 []
  7. BT-Drs. 13/1686, S. 16; BR-Drs. 171/2/95, S. 36 []

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