Exzessives Abmahnen führt nicht immer zum Erfolg

Das Kammergericht Berlin hat entschieden, daß ein auf Irreführung gestützter wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsantrag wegen der Angabe einer vermeintlich unrealistisch niedrigen monatlichen Rate in einer Immobilienwerbung gemäß § 8 Abs. 4 UWG unzulässig ist, wenn der Antragsteller bei nur geringfügiger eigener geschäftlicher Tätigkeit seit vielen Jahren (gerichtsbekannt) massenhaft in einer Weise kostenpflichtig abmahnt, dass dies – wie auch schon in früheren Fällen – auf ein Vorgehen vornehmlich zum Zweck der Gewinnerzielung schließen lässt (aktuell: in 19 Tagen etwa 120 Abmahnungen von Verstößen der genannten Art mit abverlangter „Abmahnpauschale“ in Höhe von je 150 € zuzüglich Mehrwertsteuer).

Das Landgericht Berlin als Vorinstanz hatte den entsprechenden Antrag des Antragstellers auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wegen von ihm behaupteter Irreführung zurückgewiesen1.

Sodann legte der Antragsteller persönlich hiergegen sofortige Beschwerde beim Kammergericht Berlin ein.

Das Kammergericht hat zunächst darauf hingewiesen, daß wie schon in einem früheren Beschwerdeverfahren des Antragstellers vor dem Kammergericht2 auch im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben könne, ob die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß § 78 Abs. 5, § 569 Abs. 3 Nr. 1, § 920 Abs. 3, § 936 ZPO – solange über sie nicht mündlich verhandelt wird – nicht dem Anwaltszwang unterliege und daher zulässiger Weise durch den Antragsteller persönlich eingelegt worden sei3.

Dies, weil die sofortige Beschwerde jedenfalls in der Sache keinen Erfolg habe. Der Antrag ist, so das Kammergericht, bereits gemäß § 8 Abs. 4 UWG unzulässig, so dass es auf die – vom Landgericht verneinte – Frage der Begründetheit des Antrags nicht mehr ankommt.

Seit vielen Jahren verneint das Kammergericht in zahlreichen Judikaten die Zulässigkeit von Anträgen des Antragstellers nach der genannten Norm, weil er in einer Weise und in einem Ausmaß – kostenpflichtig – massenhaft abmahnt, dass dies auf sein Vorgehen vornehmlich zum Zwecke der Gewinnerzielung zwingend schließen lässt. Statt aller Verfahren hat das Kammergericht stellvertretend auf folgende Beschlüsse hingewiesen:

– Beschluß vom 18.08.2006 – 5 W 165/06: 650 Abmahnungen in der Zeit von Dezember 2005 bis Mai 2006 „zum Thema § 6 TDG“ mit 12.000 € eingenommener „Abmahnkostenerstattungen“2,

– Beschluß vom 30.10.2007 – 5 W 321/07: Geringer Umfang eigener Tätigkeit, Verfolgung aus dem Internet unschwer ersichtlicher (etwaiger) Verstöße zum Teil weit entfernt tätiger Immobilienmakler und Anderer an der Bagatellgrenze (unter Abmahnung mit Forderung einer „Kostenpauschale“ in Höhe von 150 € und mehr)4,

– Beschluß vom 15.08.2008 – 5 W 239/08: Seit 2005 ca. 3.000 Abmahnungen, die etwa 60.000 € erbracht haben5,

– Beschluß vom 21.11.2008 – 5 W 284/08: Keine Tätigkeit als Bauträger und Anlagenberater in größerem Umfang, Verfolgung aus dem Internet unschwer ersichtlicher (etwaiger) Verstöße von Immobilienmaklern und Anderen an der Bagatellgrenze (unter Abmahnung mit Forderung von Kosten in Höhe von 238 €)6,

– Beschluß vom 28.06.2011 – 24 W 47/11: Zwischen Anfang Mai 2011 und dem 19. Mai 2011 etwa 120 Abmahnungen alleine betreffend Angebote für Dachgeschosswohnungen in Berlin und in Bezug auf die (auch dort) gerügte Angabe einer monatlichen Rate unter Verschweigen des in die Berechnung der Rate eingestellten Eigenkapitalanteils mit Abmahnpauschalen in Höhe von 150 € zuzüglich Mehrwertsteuer7.

Der zuletzt angeführte Fall macht es deutlich: Dem Antragsteller geht es nach wie vor, wie auch schon in der Vergangenheit, nicht (vornehmlich oder gar nur) um die Sauberkeit des Wettbewerbs und die Vermeidung eigener Wettbewerbsnachteile, sondern in beträchtlichem Umfang (auch) um die Erzielung von Einnahmen, nämlich dort um die Generierung (vermeintlicher) Ansprüche in Höhe von insgesamt immerhin 18.000 € (zzgl. MWSt.) in nur 19 Tagen (120 Abmahnungen à 150 €). Das aber ist rechtsmissbräuchlich i.S. von § 8 Abs. 4 UWG und damit unzulässig.

Kammergericht Berlin, Beschluß vom 22.07.2011 – 5 W 161/11

  1. Landgericht Berlin, Beschluß vom 09.06.2011 – 52 O 111/11 []
  2. Kammergericht Berlin, Beschluß vom 18.08.2006 – 5 W 165/06 [] []
  3. Anwaltszwang verneinen: Oberlandesgericht Celle, in NJW-RR 2009, 977; Oberlandesgericht Dresden, in GRUR 1997, 856; Oberlandesgericht Jena, Beschluß vom 29.05.1996 – 2 W 87/98; Oberlandesgericht Karlsruhe, in: GRUR 1993, 697; Anwaltszwang bejaht: Oberlandesgericht Frankfurt, in GRUR-RR 2011, 31 []
  4. Kammergericht Berlin, Beschluß  vom 30.10.2007 – 5 W 312/07 []
  5. Kammergericht Berlin, Beschluß vom 15.08.2008 – 5 W 239/08 []
  6. Kammergericht Berlin Beschluß vom 21.11.2008 – 5 W 284/08 []
  7. Kammergericht Berlin, Beschluß vom 28.06.2011 – 24 W 47/11 []

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