Postlaufzeiten und Wiedereinsetzung bei Fristversäumnis – Klage gegen Einfuhrabgabenbescheid

Das Finanzgericht Hamburg hat in einer aktuellen Entscheidung betont, dass der Grundsatz, wonach bei Postsendungen davon ausgegangen werden darf, dass werktags aufgegebene Sendungen im Bundesgebiet am folgenden Werktag ausgeliefert werden, nur für innerhalb des Bundesgebiets aufgegebene Postsendungen gilt. Für Postsendungen aus Polen ist mit einer Laufzeit von 2-3 Tagen zu rechnen.

In dem vom Finanzgericht Hamburg entschiedenen Fall wandte sich der Kläger gegen die Vollstreckung von Einfuhrabgaben.

In der Sache war der Hintergrund folgender:

Der in Polen wohnhafte Kläger ließ zwischen November 2008 und November 2010 keramisches Geschirr aus gewöhnlichem Ton bzw. Steinzeug der Codenummern 6912 0010 900 bzw. 6912 0030 000 zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr mit steuerbefreiter Lieferung anmelden. Die Anmeldungen wurden von beauftragten Speditionen erstellt. Von den Waren wurden Proben genommen, bei der Untersuchung stellte sich nach Darstellung des Beklagten heraus, dass es sich um Geschirr aus Porzellan und in einem Fall aus Steinzeug handelte. Die insofern nachzuerhebenden Einfuhrabgaben wurden im Wesentlichen über Aufschubkonten der jeweiligen Speditionen entrichtet. Wegen eines noch offenen Betrages wurde seitens des für die Abgabenerhebung zuständigen Hauptzollamts Hamburg-1 ein Vollstreckungstitel gegen den Kläger erwirkt, gegen den er mit Schreiben vom 03.09.2012 Einspruch einlegte.

Der Einspruch des Klägers wurde mit Einspruchsentscheidung vom 09.01.2013 zurückgewiesen. Die Einspruchsentscheidung wurde dem Kläger am 16.01.2013 zugestellt. Zur Begründung führte der Beklagte aus, der Kläger sei als Anmelder Schuldner der Einfuhrabgaben, dementsprechend sei auch der Vollstreckungstitel an ihn gerichtet worden. Die Vollstreckung sei auch nicht unbillig. Nachteile könnten durch Vereinbarung einer Ratenzahlung abgewendet werden.

Nun aber zu den Fristen:

Die Einspruchsentscheidung wurde dem Kläger, wie gesagt, am 16.01.2013 zugestellt. Erst am 22.02.2013 aber ging die hiergegen gerichtete Klage bei Gericht ein.

Nachdem das Finanzgericht Hamburg die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13.05.2013 wegen Verfristung als unzulässig abgewiesen hatte, trug der Kläger mit Schriftsatz vom 12.06.2013 vor, die Klageschrift rechtzeitig geschickt zu haben, sie trage den Poststempel vom 15.02.2013.

Das Finanzgericht Hamburg ist dabei geblieben, dass die Klage unzulässig ist.

Gemäß § 47 Abs. 1 FGO beträgt die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage, die der Kläger vorliegend erhoben hat, einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf. Der außergerichtliche Rechtsbehelf, also die Einspruchsentscheidung vom 09.01.2013, wurde dem Kläger ausweislich des Rückscheins persönlich am 16.01.2013 übergeben, mithin bekannt gegeben. Die Klagefrist lief, da der 16.02.2013 ein Samstag war, bis zum 18.02.2013. Die Klageschrift ging jedoch ausweislich des Eingangsstempels erst am 22.02.2013 und damit verfristet beim Finanzgericht ein.

Anlass, dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 56 FGO zu gewähren, besteht nicht. Der Kläger hat nichts vorgetragen, was das Gericht veranlassen könnte, Wiedereinsetzung zu gewähren. Sofern er vorträgt, die Klageschrift ausweislich des polnischen Poststempels am 15.02.2013 zur Post gegeben zu haben, rechtfertigt dies keine Wiedereinsetzung, da das Versäumen der Klagefrist gleichwohl nicht unverschuldet ist. Angesichts der üblichen Postlaufzeiten konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass ein am Freitag, dem 15.02.2013, abgesandtes Einschreiben bereits am kommenden Werktag, also Montag, dem 18.02.2013, bei Gericht eingeht. Lediglich bei Postsendungen innerhalb des Bundesgebietes darf davon ausgegangen werden, dass werktags aufgegebene Sendungen am folgenden Werktag im Bundesgebiet ausgeliefert werden. Von einer derart kurzen Laufzeit kann allerdings bei der Zustellung einer Postsendung aus Polen mittels Einschreiben ins Bundesgebiet nicht ausgegangen werden. Die Laufzeit für Post von Polen nach Deutschland beträgt 2-3 Tage (Angabe unter www.deutschepost.de, internationale Brieflaufzeiten). Der Kläger darf zwar die Rechtsmittelfrist ausschöpfen und darauf vertrauen, dass die Klageschrift innerhalb der üblichen Laufzeit bei Gericht eingeht, er muss jedoch, wenn die übliche Laufzeit 2-3 Tage beträgt, damit rechnen, dass die Postsendung drei Tage braucht. Insofern konnte der Kläger jedenfalls nicht davon ausgehen, dass die Klageschrift vor Dienstag, dem 19.02.2013 bei Gericht eingeht. Selbst bei einem Eingang am 19.02.2013 wäre die Klage indes verfristet, sodass in jedem Fall von einem verschuldeten Versäumen der Klagefrist ausgegangen werden muss.

Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 16.10.2013 – 4 K 26/13

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