Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Reform insbesondere des Verbraucherinsolvenzverfahrens beschlossen.
Seit 1999 gibt es die Möglichkeit der so genannten Restschuldbefreiung. Von den im Insolvenzverfahren nicht bezahlten Schulden wird jeder befreit, der sechs Jahre lang unter Aufsicht eines vom Gericht bestellten Treuhänders versucht, so viel Geld wie möglich an die Gläubiger zurückzuzahlen. Im Gegenzug darf während dieser Zeit kein Gerichtsvollzieher den Besitz des Schuldners pfänden, beispielsweise Geld oder teure Elektrogeräte. Der Arbeitgeber des Schuldners hat den pfändbaren Teil des Einkommens – bei einem Schuldner ohne Unterhaltspflichten sind das zur Zeit alle Beträge über 985 Euro – an den Treuhänder abzuführen. Der verteilt das eingegangene Geld einmal jährlich an die Gläubiger. Läuft das Verfahren in dieser Weise korrekt ab, werden die verbliebenen Schulden nach 6 Jahren gestrichen.
Das heutige Verbraucherinsolvenzverfahren ist gut ? aber nach Ansicht des Bundesjustizministeriums ist es zu kostenintensiv und zu bürokratisch in Anbetracht der Tatsache, dass 80 % der Schuldner masselos sind, also keine relevanten Einkünfte von ihnen zu erwarten sind. Rechtspfleger und Insolvenzrichter beklagen den hohen Verwaltungsaufwand, der die Entschuldung oft verzögert.
Die Bundesländer klagen zudem über die finanzielle Belastung durch die Stundung der Verfahrenskosten, wie sie das geltende Recht vorsieht. Pro Verbraucherinsolvenzverfahren betragen die Kosten rund 2300 Euro. Diese soll eigentlich der Schuldner tragen. Ist er jedoch mittellos, muss die Justizkasse der Länder einspringen und das Geld im Wege der Stundung vorstrecken.
Das Insolvenzverfahren dient dazu, vorhandenes Vermögen des Schuldners zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger zu verwerten und den Erlös zu verteilen. Ist ein Schuldner nachweislich mittellos, verfehlt das Insolvenzverfahren aber seinen Zweck. In dieser Situation ist es ausreichend, wenn eine sorgfältige Ermittlung der Vermögensverhältnisse des Schuldners erfolgt.
Das vereinfachte Entschuldungsverfahren passt sich nahtlos in das geltende Insolvenzverfahren ein. Da keine die Verfahrenskosten deckende Masse vorhanden ist, kann der Schuldner, sofern er nicht unternehmerisch tätig ist, einen Eröffnungsantrag beim Amtsgericht stellen. Dazu muss er eine Bescheinigung einer geeigneten Person oder Stelle vorlegen, aus der sich ergibt, dass eine Einigung mit den Gläubigern entweder ergebnislos versucht oder ? so im künftigen Recht ? eine solche offensichtlich aussichtslos war. Im Rahmen dieses Bescheinigungsverfahrens wird der Schuldner das umfangreiche Formular, das detailliert seine Vermögensverhältnisse abfragt, gemeinsam mit der geeigneten Person oder Stelle ausfüllen.
?Geeignete Personen? für die Beratung der Schuldner sind etwa Rechtsanwälte, Notare oder Steuerberater. Wer als ?geeignete Stelle? in Betracht kommt, legt jedes Bundesland selbst fest. Staatliche Schuldnerberatungsstellen sind ein Beispiel (Adressen unter www.forum-schuldnerberatung.de).
Hat der Schuldner einen Antrag auf Erteilung einer Restschuldbefreiung gestellt und reicht sein Vermögen voraussichtlich nicht aus, die Verfahrenskosten zu decken, bestellt das Gericht einen vorläufigen Treuhänder, mit dem der Schuldner die Formulare für das Entschuldungsverfahren ausfüllt. Nach eingehender Belehrung durch den vorläufigen Treuhänder hat der Schuldner an Eides statt die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben zu versichern. Wird danach der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse abgelehnt, werden die Gläubiger im Wege der öffentlichen Bekanntmachung darauf hingewiesen, dass sie die Versagung der Restschuldbefreiung beantragen können, sofern ein Versagungsgrund vorliegt. Eine Versagung wäre etwa gerechtfertigt, wenn der Schuldner wegen einer Insolvenzstraftat rechtskräftig verurteilt wurde oder ihm in den letzten 10 Jahren bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt wurde. Liegt kein Versagungsgrund vor, so kündigt das Gericht die 6-jährige Wohlverhaltensperiode an. In dieser Zeit treffen den Schuldner die gleichen Obliegenheiten wie in einem normalen Restschuldbefreiungsverfahren. Er hat sich also insbesondere um eine bestmögliche Befriedigung seiner Gläubiger zu bemühen. Gleichzeitig wird der vorläufige Treuhänder nun endgültig bestellt. An ihn muss der Schuldner den pfändbaren Teil seines Einkommens abtreten. Nach Ablauf von 6 Jahren können die Gläubiger ihre Forderungen nicht mehr gegen den Schuldner durchsetzen.
Kommt der Schuldner während dieser 6-jährigen Wohlverhaltensperiode zu neuem, unvorhergesehenem Vermögen (z.B. neuer Arbeitsplatz, Erbschaft) gilt folgendes Prozedere:
Es ist geboten und gerechtfertigt, den Schuldner, der die Rechtswohltat einer umfassenden Schuldbefreiung erhalten will, in einem bescheidenen Umfang an den Verfahrenskosten zu beteiligen. Vorgesehen ist ein Kostenbeitrag von 25 Euro zu Beginn des Verfahrens und laufende Zahlungen in Höhe von 13 Euro pro Monat während der Wohlverhaltensperiode. Damit sollen ein Teil der Verfahrenskosten und die Kosten für den Treuhänder abgedeckt werden.
Gegenüber alternativen Entschuldungsmodellen und gegenüber dem geltenden Recht, das eine Stundung der Verfahrenskosten kennt, hat dieses vereinfachte Entschuldungsverfahren nach Ansicht des Bundesjustizministeriums einige Vorteile:
Mit dem neuen Verfahren erhält der Schuldner
Zudem soll das vereinfachte Entschuldungsverfahren die Verfahrenskosten von heute ca. 2300 Euro auf rund 750 Euro je Verfahren bei Verbrauchern und von ca. 3900 Euro auf rund 1470 Euro bei gescheiterten Unternehmern reduzieren und einer voraussichtlichen Kosteneinsparung bei den Ländern in Höhen von rund 150 Mio Euro pro Jahr führen.
Seit Inkrafttreten der Insolvenzordnung unterliegen Lizenzverträge dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters. Lehnt der Insolvenzverwalter in Ausübung dieses Wahlrechts die Erfüllung des Vertrages ab, gestaltet sich das Vertragsverhältnis um und dem Vertragspartner steht nur noch ein Anspruch auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung als einfache Insolvenzforderung zu. Er wird damit auf eine in der Regel sehr geringe Quote verwiesen.
Die Bundesregierung will mit dem neuen Gesetzesentwurf den Sorgen der lizenznehmenden Unternehmen im Hinblick auf ihre Wettbewerbsfähigkeit Rechnung tragen und passt die Rechtslage in Deutschland an die anderer Länder, wie USA und Japan, an. Lizenzen sollen deshalb auch im deutschen Recht künftig insolvenzfest ausgestaltet sein:
Mit dieser differenzierten Lösung soll dem zentralen Interesse des Lizenznehmers Rechnung getragen werden, auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein ungestörtes Fortlaufen des Lizenzvertrages zu erreichen, ohne dadurch das Interesse der Insolvenzgläubiger an einer möglichst hohen Quote zu vernachlässigen.
Schließlich enthält der vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf Regelungen, die die Position der Gläubiger im Insolvenzverfahren stärkt, wobei die Bundesregierung wohl offensichtlich insbesondere eine Stärkung bestimmter Gläubiger im Sinn hat, nämlich der Sozialversicherungen und der Finanzämter.
Die zunehmende Zahl von Regelinsolvenzverfahren in den letzten Jahren führte zu vermehrten Forderungsausfällen insbesondere der Finanzämter und Sozialversicherungsträger. Gerade die Situation öffentlich-rechtlicher Gläubiger ist im Insolvenzverfahren vor allem dadurch gekennzeichnet, dass ihre Forderungen fortlaufend Monat für Monat auch in der Krise des Schuldners entstehen. In der Praxis hat sich gezeigt, dass Verluste nur dadurch vermieden werden können, dass über das Vermögen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Voraussetzung hierfür ist die möglichst frühzeitige Stellung des Insolvenzantrags sowie die Eröffnung des Verfahrens.
Wesentliche Leitlinien des Gesetzentwurfs: Die im Gesetzentwurf enthaltenen Änderungen berücksichtigen strikt den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung; d.h. Sondervorschriften für den Fiskus und die Sozialkassen werden nicht geschaffen.
Folgende Änderungen sind vorgesehen:
Der Bundesrat wird sich nun in einem ersten Durchgang mit dem Regelungsvorschlag befassen. Ziel der Bundesregierung ist, das parlamentarische Verfahren bis zum Frühjahr 2008 abzuschließen. Zustimmungsbedürftig ist der Gesetzentwurf nicht.