Dies gilt jedenfalls dann, wenn der qualifizierte Mietspiegel, auf den sich der Vermieter bezieht, gegen eine geringe Schutzgebühr an jedermann abgegeben wird, so der Bundesgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung.
In dem konkreten Fall ist der Beklagte seit dem 15.06.2016 Mieter einer circa 80 m² großen Dreizimmerwohnung in Nürnberg. Mit Schreiben vom 06.11,2018 forderte die Klägerin (Vermieterin), den Beklagten auf, einer 15 %-igen Erhöhung der seit Mietbeginn vereinbarten Nettokaltmiete von monatlich 490 € um 73,50 € auf 563,50 € (dies entspricht einer Miete von 7,04 €/m²) zuzustimmen.
Das Schreiben nimmt Bezug auf den Nürnberger Mietspiegel 2018 und enthält den Hinweis, dass dieser beim Vermieter eingesehen werden könne, sowie folgende Darstellung der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete:
Wohnfläche ca.: 80 m²
Basis-Nettokaltmiete je m² 8,01 €
Basis-Nettokaltmiete je Monat 640,80 €
Altstadtlage 4 %
Baujahr 1957 – 1 %
Kein Balkon – 3 %
Keine Sprechanlage – 2 %
Summe: – 2 % = – 0,16 € = – 12,82 €
Vergleichs-Nettokaltmiete je m² 7,85 €
Vergleichs-Nettokaltmiete gesamt je Monat 627,98 €
Der Beklagte erteilte die Zustimmung nicht.
Die auf Zustimmung zu der vorgenannten Mieterhöhung ab dem 01.01.2019 gerichtete Klage hat das Amtsgericht Nürnberg als unzulässig abgewiesen1. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückgewiesen2.
Das Landgericht meinte, das Amtsgericht habe die Zustimmungsklage zu Recht als unzulässig ab-
gewiesen, da das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin den formalen Anforderungen des § 558a BGB nicht gerecht werde.
Diese Bestimmung sei entgegen der Auffassung der Klägerin nicht verfassungswidrig. Sie verstoße weder gegen die rechtsstaatlichen Grundsätze der Normenklarheit und Justitiabilität (Art. 20 Abs. 3 GG) noch verletze sie das Eigentumsrecht (Art. 14 GG) des Vermieters. Letzteres käme nur in Betracht, wenn die Anwendung und Auslegung der Regelung durch die Gerichte dazu führte,
dass der Vermieter den ihm gesetzlich zustehenden Anspruch auf Zahlung einer ortsüblichen Miete nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen durchsetzen könnte. Das sei – gerichtsbekannt – nicht der Fall. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass es den Vermieter über Gebühr beanspruche, wenn ihm unter bestimmten Umständen die Angabe der nach dem – zur Begründung der Mieterhöhung in
Bezug genommenen – Mietspiegel gegebenen Mietpreisspanne abverlangt würde.
Dem Erhöhungsverlangen der Klägerin fehle es an einer ausreichenden Begründung im Sinne von § 558a Abs. 1, 2 und 3 BGB, da ihm weder der in Bezug genommene Mietspiegel – ein qualifizierter Mietspiegel ohne Rasterfelder – beigefügt worden sei noch in dem Schreiben die einschlägige Mietpreisspanne mitgeteilt werde. Auf diese Weise werde dem Mieter suggeriert, es handele sich bei der angegebenen Vergleichsmiete um einen Punktwert, weshalb eine sachgerechte Überprüfung der Berechtigung des Begehrens nicht möglich sei.
Dies sah der Bundesgerichtshof nun anders.
Die Entscheidung:
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können weder – wie vom Berufungsgericht angenommen – die Zulässigkeit der Zustimmungsklage noch deren Begründetheit – namentlich der geltend gemachte Anspruch auf Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung (§ 558 Abs. 1 BGB) – verneint werden.
Abgesehen davon, dass gemäß der inzwischen geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Einhaltung der Förmlichkeiten des Verfahrens auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung durch den Vermieter nach § 558a BGB dem materiellen Recht zuzuordnen ist und deshalb die Begründetheit und nicht die Zulässigkeit der Klage betrifft3, hat das Berufungsgericht das Vorliegen der formellen Voraussetzungen des Erhöhungsverlangens nach § 558a BGB rechtsfehlerhaft verneint.
Gemäß § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Vermieter die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert geblieben ist. Nach § 558a Abs. 1 BGB ist das Erhöhungsverlangen dem Mieter in Textform (§ 126b BGB) zu erklären und zu begründen, wobei gemäß § 558a Abs. 2 Nr. 1 BGB zur Begründung auf einen Mietspiegel Bezug genommen werden kann.
Die Begründung soll dem Mieter – auch im Interesse einer außergerichtlichen Einigung zur Vermeidung überflüssiger Prozesse – die Möglichkeit eröffnen, die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen und sich darüber schlüssig zu werden, ob er dem Erhöhungsverlangen zustimmt oder nicht4.
Hierfür ist es erforderlich, dass die Begründung dem Mieter konkrete Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens gibt. Zwar dürfen an die Begründung keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Das Erhöhungsverlangen muss aber – in formeller Hinsicht – Angaben über die Tatsachen enthalten, aus denen der Vermieter die Berechtigung der geforderten Mieterhöhung herleitet, und zwar in dem Umfang, wie der Mieter solche Angaben benötigt, um der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachgehen und diese zumindest ansatzweise überprüfen zu können5.
Im Fall der Bezugnahme auf einen Mietspiegel (§ 558a Abs. 2 Nr. 1, §§ 558c, 558d BGB) muss die Begründung deshalb – wie sich, sofern ein qualifizierter Mietspiegel vorliegt, unmittelbar auch aus der Regelung des § 558a Abs. 3 BGB ergibt – die Angaben zur Wohnung enthalten, die nach diesem Mietspiegel für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete bestimmend sind6.
Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht Nürnberg-Fürth angenommen, das Mieterhöhungsverlangen werde diesen Anforderungen nicht gerecht, so der Bundesgerichtshof weiter.
Der von der Klägerin in Bezug genommene Nürnberger Mietspiegel 2018 bildet die ortsübliche Vergleichsmiete ab, indem er zunächst eine – allein anhand der Wohnfläche zu bestimmende – Basismiete ausweist (Tabelle 1), sodann konkrete Merkmale betreffend Baujahr, Ausstattung und Lage benennt, die einen der Höhe nach vorgegebenen Ab- beziehungsweise Zuschlag rechtfertigen
(Tabelle 2), und schließlich von einer für alle Wohnungen gleichermaßen geltenden Mietpreisspanne von +/- 20 % um den auf diese Weise ermittelten Tabellenwert (= Mittelwert) ausgeht (Tabelle 3).
Die Klägerin hat in dem Erhöhungsschreiben – neben der ihrer Meinung nach zutreffenden ortsüblichen Vergleichsmiete (627,98 €) – alle danach maßgeblichen Merkmale der Wohnung benannt, um die ortsübliche Vergleichsmiete anhand des Mietspiegels zu ermitteln, namentlich die Wohnfläche (hier: 80 m²) sowie die Merkmale, die aus Sicht der Klägerin Zu- beziehungsweise Ab-
schläge in der jeweils vorgegebenen Höhe rechtfertigen (hier: Altstadtlage [+ 4 %], Baujahr 1957 [- 1 %], kein Balkon [- 3 %] und keine Sprechanlage [- 2 %]). Da die Bestimmung der konkreten Mietpreisspanne ausschließlich von dem sich aus diesen Daten ergebenden Tabellenwert und nicht etwa von weiteren Faktoren abhängt, wird dem Beklagten durch jene Angaben die (ansatzweise) Überprüfung der Berechtigung der Mieterhöhung ermöglicht.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist es in einem solchen Fall nicht erforderlich, dass dem Erhöhungsverlangen entweder der vom Vermieter herangezogene Mietspiegel beigefügt wird oder das Schreiben die nach diesem Mietspiegel gegebene Mietpreisspanne aufführt beziehungsweise
wenigstens auf das Bestehen einer solchen Spanne hinweist.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der vom Vermieter zur Begründung seines Erhöhungsverlangens herangezogene Mietspiegel jenem Schreiben nicht beigefügt werden, wenn es sich um einen – etwa durch Veröffentlichung im Amtsblatt – allgemein zugänglichen Mietspiegel handelt7, was auch dann zu bejahen ist, wenn der Mietspiegel gegen eine geringe Schutzgebühr (etwa 3 €) von privaten Vereinigungen an jedermann abgegeben wird8 oder der Vermieter dem Mieter eine – wohnortnahe – Einsichtsmöglichkeit anbietet9. Denn in einem solchen Fall ist es dem Mieter zumutbar, zur Überprüfung des Mieterhöhungsverlangens auf den ihm – wenngleich unter gewissen Mühen und/oder nur gegen einen geringfügigen Kostenaufwand – zugänglichen Mietspiegel zuzugreifen10.
Auch die sich aus dem Mietspiegel ergebende Mietpreisspanne muss der Vermieter zur Erfüllung der formellen Voraussetzungen des § 558a BGB nicht in jedem Fall angeben. Als entbehrlich hat der Bundesgerichtshof diese Angabe ausdrücklich angesehen, wenn der Vermieter, der sein Erhöhungsverlangen auf einen Mietspiegel stützt, der in Form von Tabellenfeldern für Wohnungen einer bestimmten Kategorie jeweils eine bestimmte Mietpreisspanne ausweist, das seiner Auffassung nach einschlägige Mietspiegelfeld mitteilt. Denn in diesem Fall kann der Mieter die maßgebliche Mietpreisspanne dem betreffenden Mietspiegel ohne
weiteres entnehmen11.
Nach diesen Grundsätzen musste die Klägerin ihrem Erhöhungsverlangen hier – anders als vom Berufungsgericht angenommen – weder den ihrerseits herangezogenen Mietspiegel beifügen noch in dem betreffenden Schreiben die einschlägige Mietpreisspanne oder jedenfalls angeben, dass der herangezogene Mietspiegel Spannen enthält.
Den ihm zugänglichen Mietspiegel zur Überprüfung des Erhöhungsbegehrens heranzuziehen, war dem Beklagten zuzumuten, und er konnte diesem Mietspiegel – dessen dritte der insgesamt drei in ihm enthaltenen, jeweils eine Seite umfassenden Tabellen die Spanne aufzeigt und erläutert – ohne jede Schwierigkeit das Bestehen und die Größenordnung der Mietpreisspanne entnehmen. Deren konkrete Bestimmung erforderte lediglich eine schlichte Prozentrechnung (+/- 20 %) unter Zugrundelegung des von der Klägerin mit 627,98 € angegebenen Tabellenwerts (ergibt eine Spanne von 502,38 € bis 753,58 €). Vor diesem Hintergrund bedurfte es – so der Bundesgerichtshof weiter – zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 558a BGB auch weder der konkreten Bezifferung dieser Spanne noch – zumindest – eines ausdrücklichen Hinweises auf das Vorliegen einer Spanne in dem Erhöhungsschreiben selbst.
Denn es ist nach den oben aufgeführten Grundsätzen unschädlich, wenn der Mieter zur Überprüfung der Berechtigung der verlangten Mieterhöhung auf den maßgeblichen – ihm zugänglichen – Mietspiegel zurückgreifen muss, die Prüfung also nicht schon allein anhand der Angaben in dem Erhöhungsschreiben selbst (abschließend) vornehmen kann12. Aus diesem Grund ist es nach Auffassung des Bundesgerichtshofs entgegen der Ansicht des Landgerichts Nürnberg-Fürth auch nicht zu beanstanden, wenn der Vermieter in dem Erhöhungsverlangen die ortsübliche Vergleichsmiete – wie hier – als Einzelbetrag angibt und der Mieter, um erkennen zu können, dass dieser Betrag den Mittelwert einer – für alle Wohnungen in gleicher Weise zu berechnenden – Mietpreisspanne darstellt, Einsicht in den Mietspiegel nehmen muss.
Eine Einsichtnahme ist nämlich ohnehin erforderlich, wenn der Mieter die Berechtigung der verlangten Mieterhöhung (ansatzweise) überprüfen will; so lässt sich hier beispielsweise nur unter Zuhilfenahme des Mietspiegels feststellen, ob die Wohnung (weitere) – vom Vermieter nicht berücksichtigte – Merkmale aufweist, die nach dem Mietspiegel einen Abschlag rechtfertigen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.07.2021 – VIII ZR 167/20
ECLI:DE:BGH:2021:070721UVIIIZR167.20.0
- AG Nürnberg, Urteil vom 08.08.2019 – 244 C 2296/19 [↩]
- LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 26.05.2020 – 7 S 5510/19 [↩]
- BGH, Urteil vom 29.04.2020 – VIII ZR 355/18, NJW 2020, 1947 [↩]
- BGH, Urteile vom 29.04.2020 – VIII ZR 355/18, NJW 2020, 1947; vom 18.12.2019 – VIII ZR 236/18, WuM 2020, 86; vom 24.04.2019 – VIII ZR
62/18, NJW 2019, 3142; vom 17.10.2018 – VIII ZR 94/17, NJW 2019, 303; vom 11.07.2018 – VIII ZR 136/17, NJW 2018, 2792 [↩] - BGH, Urteile vom 29.04.2020 – VIII ZR 355/18, NJW 2020, 1947; vom 18.12.2019 – VIII ZR 236/18, WuM 2020, 86; vom 16.10.2019 – VIII ZR 340/18, NJW-RR 2019, 1482; vom 11.07.2018 – VIII ZR 136/17; vom 03.02.2016 – VIII ZR 69/15, NJW 2016, 1385 [↩]
- BGH, Urteile vom 12.12.2007 – VIII ZR 11/07, NJW 2008, 573; vom 11.03.2009 – VIII ZR 316/07, WuM 2009, 239 [↩]
- BGH, Urteil vom 12.12.2007 – VIII ZR 11/07, NJW 2008, 573 [↩]
- BGH, Urteil vom 30.09.2009 – VIII ZR 276/08, NJW 2010, 225; BGH, Beschlüsse vom 28.04.2009 – VIII ZB 7/08, NJW-RR 2009, 1021; vom 31.08.2010 – VIII ZR 231/09, WuM 2010, 693 [↩]
- BGH, Urteil vom 11.03.2009 – VIII ZR 74/08, NJW 2009, 1667 [↩]
- BGH, Urteile vom 11.03.2009 – VIII ZR 74/08; vom 30.09.2009 – VIII ZR 276/08 [↩]
- BGH, Urteil vom 12.12.2007 – VIII ZR 11/07[unter Aufgabe der strengeren Rechtsprechung des Senats im Urteil vom 12.11.2003 – VIII ZR 52/03, NJW 2004, 1379 [↩]
- BGH, Urteil vom 18.12.2019 – VIII ZR 236/18, WuM 2020, 86 [↩]