Der „American Bully“ – Kampfhund oder nicht?

Über die Einordnung eines „American Bully“ als „Kampfhund“, „Listenhund“, „Hund bestimmter Rassen“ – je nach Landesgesetz oder Verordnung – wird seit Jahren gestritten. Wird hatten bereits hier und hier über entsprechende Entscheidungen berichtet.

Nun hat sich mit dieser Thematik auch der Verwaltungsgerichtshof München beschäftigt.

Der „American Bully“ ist bislang in keiner der „Rasselisten“ als gefährlicher Hund, Kampfhund etc. erwähnt. Im Kern geht es immer darum, ob es sich um eine Kreuzung aus Listenhunden handelt und wie dies zu werten ist bzw. woran seine Einstufung festzumachen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof München ist nun zu dem Ergebnis gekommen, dass nur die F1-Generation eines Kampfhundes und eines weiteren Hundes rechtlich noch als Kampfhundkreuzung anzusehen ist.

Zu der Entscheidung kam es, weil sich die Klägerin gegen die Erhebung des erhöhten Steuersatzes für Kampfhunde (750 Euro statt 50 Euro pro Jahr) für ihren American Bully Rüden „Odin“ wandte.

Ihre nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Anfechtungsklage hatte vor dem Verwaltungsgericht München Erfolg1. Die Klage sei, soweit eine höhere Hundesteuer als 50 Euro festgesetzt worden sei, begründet, da der Hund der Klägerin nicht als Kampfhund im Sinne des § 5a der Hundesteuersatzung der Beklagten (HuStS) eingeordnet werden könne. Er gehöre als American Bully nicht einer der in § 5 Abs. 2, Abs. 3 HuStS explizit genannten Rassen oder Gruppen von Hunden an, bei denen die Kampfhundeeigenschaft vermutet werde; insbesondere sei er unstreitig nicht als American Bulldog anzusehen. Seine Kampfhundeeigenschaft könne auch nicht mit der Begründung angenommen werden, er sei eine Kreuzung aus den in § 5a Abs. 2, Abs. 3 HuStS explizit gelisteten Rassen oder Gruppen von Hunden. Aufgrund der Abstammungsurkunde, nach der alle seine Vorfahren über vier Generationen hinweg American Bullies gewesen seien, stehe fest, dass weder er selbst noch eines seiner Elternteile reinrassige Kampfhunde seien. Diese schließe nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der das Gericht folge, die Annahme eines Kreuzungstieres aus.

Die beklagte Kommune beantragte beim Verwaltungsgerichtshof München die Zulassung der Berufung gegen diese Entscheidung. Dieser Antrag wurde nun zurückgewiesen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergeben sich hinsichtlich der Begründetheit der Klage nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs München nicht.

Das Verwaltungsgericht München hat sich hinsichtlich der Frage, wie im Zusammenhang mit der Einstufung als Kampfhund der Begriff der „Kreuzung“ zu verstehen ist, zu Recht der für Bayern maßgeblichen Rechtsprechung des für das Sicherheitsrecht zuständigen Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs angeschlossen, wonach nur die F1-Generation eines Kampfhundes und eines weiteren Hundes rechtlich noch als Kampfhundkreuzung anzusehen ist2.

Ob dieser Auslegung aus sicherheitsrechtlicher Sicht zu folgen ist oder ob der Wortlaut sowie der Sinn und Zweck der einschlägigen Vorschrift des § 1 Abs. 2 Satz 2 Kampfhunde-VO eher für eine weitergehende Auslegung des Begriffs der „Kreuzung“ von Kampfhunden mit anderen Hunden sprechen, kann im vorliegenden steuerrechtlichen Zusammenhang dahinstehen. Entscheidend ist, wie die im Gebiet der Beklagten ansässigen Hundehalter als Adressaten der Hundesteuersatzung die für Kampfhunde geltende Bestimmung des § 5a HuStS verstehen müssen. Diese nimmt in Absatz 2 ausdrücklich Bezug auf die für den Freistaat Bayern geltende Kampfhundeverordnung und wiederholt in ihren Absätzen 2 und 3 die dortigen Regelungen einschließlich der Vorschriften über Kreuzungen von Listenhunden untereinander oder mit anderen Hunden. Dass der örtliche Satzungsgeber das Gesamtkonzept des staatlichen Verordnungsgebers wortlautgetreu übernommen hat, lässt sich aus Sicht der Normadressaten nur so verstehen, dass in steuerrechtlicher Hinsicht genau jene Hunde als Kampfhunde gelten sollen, die auch schon aus dem Blickwinkel des Sicherheitsrechts als Kampfhunde angesehen werden. Für die beabsichtigte Einbeziehung eines weitergehenden Kreises von Hunden in den steuerrechtlichen Kampfhundebegriff ist nichts ersichtlich.

Maßgebend ist somit das für Bayern geltende Begriffsverständnis bei der Anwendung der Kamphundeverordnung. Dieses lässt sich – neben der erwähnten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs – auch der damit inhaltlich übereinstimmenden Vollzugsbekanntmachung des Staatsministeriums des Innern zu Art. 37 LStVG entnehmen3. Darin wird unter Nr. 37.3.1 zum Kampfhundebegriff ausgeführt, es sei, soweit die Elternteile bekannt seien, „aus genetischen Gründen in der Regel nur sinnvoll…, die Nachkommen bis zur F1-Generation als von der Verordnung erfasste Kreuzungen zu behandeln“. Hiernach ist der American Bully Rüde der Klägerin, dessen Vorfahren über mehrere Generationen hinweg gleichfalls dieser nicht in der Kampfhundeverordnung aufgeführten Rasse angehört haben, im Sinne des Sicherheitsrechts nicht als Kampfhundkreuzung anzusehen. Für die hundesteuerrechtliche Bewertung kann in Anbetracht der identischen Begriffsbestimmungen nichts Anderes gelten.

Die Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen, so der Verwaltungsgerichtshof München weiter. Da es nach dem erkennbaren Willen des Satzungsgebers allein auf die für Bayern geltenden staatlichen Bestimmungen über Kampfhunde und auf deren Auslegung ankommt, kann sich ein besonderer Schwierigkeitsgrad des Rechtsstreits nicht aus dem Umstand ergeben, dass einige Oberverwaltungsgerichte anderer Bundesländer auf der Grundlage der dort bestehenden Vorschriften zum Begriff der Kreuzung eine andere Rechtsauffassung vertreten als der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Aus dem gleichen Grund fehlt es an der von der Beklagten gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wegen Abweichens von der Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte. Die Beklagte hat auch nicht nachvollziehbar dargelegt, inwiefern sich gerade bei sogenannten Moderassen wie den American Bullies, die vom Verordnungs- bzw. Satzungsgeber bisher nicht in die Kampfhundelisten aufgenommen worden sind, ein prinzipieller Klärungsbedarf hinsichtlich des Begriffs der Kreuzung im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 Kampfhunde-VO ergeben könnte.

Verwaltungsgerichtshof München, Beschluss vom 05.01.2021 – 4 ZB 20.644

  1. VG München, Urteil vom 30.01.2020 – M 10 K 18.6013 []
  2. BayVGH, Beschlüsse vom 17.07.2009 – 10 B 09.89; vom 18.09.2013 – 10 CS 13.1544; vom 02.04.2019 – 10 CS 19.277; OVG LSA, Beschluss vom 04.06.2014 – 3 L 230/13 []
  3. Vollzugsbekanntmachung des Staatsministeriums des Innern zu Art. 37 LStVG vom 04.12.2014 – IC2-2116.4-163, AllMBl S. 621 []

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