… und dafür die Gebühren bezahlt werden.
Das Oberverwaltungsgericht Münster hat entschieden, dass der Halter eines großen Hundes die verpflichtende Haltungsanzeige auch bei einem Umzug innerhalb von NRW gegenüber dem Ordnungsamt der Kommune des neuen Wohnsitzes abgeben und damit auch die dadurch entstehenden Verwaltungsgebühren bezahlen muss.
Worum ging es?
Als Halter eines großen Hundes muss man in NRW nach § 11 Abs. 1 LHundG NRW eine Haltungsanzeige beim zuständigen Ordnungsamt abgeben:
„Die Haltung eines Hundes, der ausgewachsen eine Widerristhöhe von mindestens 40 cm oder ein Gewicht von mindestens 20 kg erreicht (großer Hund), ist der zuständigen Behörde von der Halterin oder vom Halter anzuzeigen.„
Der Halter eines solchen Hundes war innerhalb von NRW umgezogen und hat den Hund am neuen Wohnort sowohl zur Hundesteuer angemeldet als auch die Haltungsanzeige für einen großen Hund gegenüber dem Ordnungsamt des neuen Wohnsitzes abgegeben.
Im Anschluss erhielt er einen Gebührenbescheid über € 25,00 für die Entgegennahme der Haltungsanzeige.
Gegen diesen Gebührenbescheid wehrte er sich mit dem Argument, er hätte die Haltungsanzeige nicht abgeben müssen und deshalb müsse er auch die Verwaltungsgebühren nicht bezahlen.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen1.
Da das Verwaltungsgericht Düsseldorf die Berufung nicht zugelassen hatte, beantragte der Hundehalter die Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Münster.
Erfolg hatte er damit nicht.
Die Entscheidung:
Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO zuzulassen, wenn einer der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt wird und vorliegt. Darlegen in diesem Sinn bedeutet, unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erläutern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Das Oberverwaltungsgericht soll allein aufgrund der Zulassungsbegründung die Zulassungsfrage beurteilen können, also keine weiteren aufwändigen Ermittlungen anstellen müssen.2
Die mit dem Zulassungsbegehren vorgebrachten Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Sie zeigen auch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf.
Ernstliche Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind gegeben, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.((BVerfG, Kammerbeschluss vom 18.03.2022 – 2 BvR 1232/20, NVwZ 2022, 789; VerfGH NRW, Beschluss vom 13.10.2020 – VerfGH 82/20.VB-2; OVG NRW, Beschlüsse vom 14.05.2024 – 5 A 1993/22, vom 28.03.2024 – 5 A 2099/23, vom 16.10.2023 – 5 A 2727/21, vom 10.11.2022 – 19 A 3833/19))
Für die Darlegung ernstlicher Zweifel genügt jedoch das bloße Anzweifeln der Richtigkeit der Entscheidung ebenso wenig wie die bloße Wiederholung des Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren. Erforderlich ist vielmehr, dass der die Zulassung begehrende Verfahrensbeteiligte sich substantiiert inhaltlich mit der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und dabei aufzeigt, warum diese Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis unzutreffend ist. Soweit dabei tatsächliche Feststellungen des Verwaltungsgerichts in Zweifel gezogen werden, reicht es nicht aus, bloß deren Richtigkeit in Frage zu stellen oder das schlichte Gegenteil zu behaupten, sondern muss der Rechtsmittelführer konkret aufzuzeigen, welcher Sachverhalt zutreffend sein soll und woraus er seine Sicht der Dinge konkret ableitet.3
Hiervon ausgehend begegnet das angefochtene Urteil nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Münster keinen ernsthaften Zweifeln an seiner Richtigkeit.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat zur Begründung der Klageabweisung im Wesentlichen ausgeführt:
Der die Gebühren in Höhe von 25,00 Euro erhebende Bescheid sei rechtmäßig ergangen. Der Kläger habe gegenüber der Beklagten nach seinem Zuzug in deren Zuständigkeitsbereich die Haltung eines großen Hundes gemäß § 11 Abs. 1 LHundG NRW angezeigt. Damit sei die Verwaltungsgebühr für die Entgegennahme der Haltungsanzeige auf Grundlage von § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 GebG NRW, § 1 Abs. 1 AVwGebO NRW i. V. m. Tarifstelle 18a 1.10 (aktuell: 6.10.1.10) des Allgemeinen Gebührentarifs angefallen. Die Beklagte sei zu diesem Zeitpunkt die nach § 13 Satz 1 LHundG NRW zuständige Ordnungsbehörde gewesen, und damit auch zuständig für die Entgegennahme einer nach § 11 Abs. 1 LHundG NRW erforderlichen Haltungsanzeige eines großen Hundes. Diese Anzeigepflicht des Halters diene dazu, dass die örtlich zuständige Ordnungsbehörde die in § 11 LHundG NRW normierten Haltungsvoraussetzungen für große Hunde im Sinn des LHundG NRW, von denen gegenüber kleineren und leichteren Hunden eine erhöhte abstrakte Gefährlichkeit ausgehe, überprüfen könne. Durch das Ausfüllen des Formulars zur Haltungsanzeige mit dem der Kläger den von ihm gehaltenen Hund bei der Beklagten nicht nur „zur Hundesteuer“, sondern auch „beim Ordnungsamt“ angemeldet hat, habe er seiner nach § 11 Abs. 1 LHundG NRW bestehenden Anzeigepflicht für den von ihm gehaltenen großen Hund unter Überreichung der notwendigen Unterlagen genügt.
Die Beklagte habe sodann die der Gebührenerhebung zugrundeliegende Amtshandlung ausgeführt.
Die Anzeigepflicht der genannten Vorschrift sei auch nicht auf die Fälle der erstmaligen Anmeldung durch den Halter einzuschränken. Weder Wortlaut noch Systematik noch Sinn und Zweck der Regelung legten nahe, dass es bei einem Umzug nach erfolgter Haltungsanzeige am neuen Haltungsort im Zuständigkeitsbereich einer anderen Ordnungsbehörde keiner erneuten Haltungsanzeige bedürfte. Bei einem Umzug entstehe die Anzeigepflicht vielmehr jeweils neu und habe die jeweils zuständige Ordnungsbehörde eigenständig zu prüfen, ob die in § 11 LHundG NRW normierten Voraussetzungen für die Haltung eines großen Hundes vorlägen. Dass nach § 8 Abs. 1 LHundG NRW verschärfte Meldungspflichten für Halter von gefährlichen Hunden nach dem LHundG NRW bestünden (Satz 1: u. a. Umzug innerhalb des gleichen Haltungsorts; Satz 2: Umzug zu neuem Haltungsort), sei für die allgemeine Anzeigepflicht des § 11 LHundG NRW ohne Bedeutung. Die hier maßgebliche Anzeigepflicht des § 11 Abs. 1 LHundG NRW diene gerade dem Zweck, der Behörde zu jeder Zeit einen umfassenden Überblick auch über den Bestand dieser Hunde, von denen nicht unerhebliche Gefahren ausgehen könnten, in ihrem Zuständigkeitsbereich zu verschaffen und das Vorliegen der Haltungsvoraussetzungen in jedem Fall überprüfen zu können.
Die hiergegen erhobenen Einwendungen des Klägers stellen nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Münster die Richtigkeit des Urteils nicht durchgreifend in Frage.
Soweit der Kläger auf die gesetzliche Unterscheidung hinsichtlich der Haltungsvoraussetzungen von großen Hunden einerseits und gefährlichen Hunden andererseits abhebt und daraus systematisch eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung ableitet, beim Haltungsortwechsel von großen Hunden auf eine erneute Anzeigepflicht zu verzichten, überzeugt das nicht.
Der Kläger lässt zunächst unberücksichtigt, dass er selbst durch das Ausfüllen und Einreichen des eindeutig überschriebenen und in seinem Sinngehalt unzweifelhaften Anmeldeformulars die gebührenbegründende Verwaltungshandlung („Entgegennahme der Anzeige über die Haltung eines Hundes im Sinne von § 11 Absatz 1 LHundG NRW“) erst ausgelöst hat.
Zu einer solchen Anzeige war er nach § 11 Abs. 1 LHundG NRW – wie das Verwaltungsgericht in der Begründung und im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat – auch verpflichtet. Nach der Vorschrift ist die Haltung eines Hundes, der ausgewachsen eine Widerristhöhe von mindestens 40 cm oder ein Gewicht von mindestens 20 kg erreicht (großer Hund), der nach § 13 LHundG NRW zuständigen von der Halterin oder vom Halter anzuzeigen. Für eine einschränkende Auslegung gibt weder die systematische Zusammenschau mit den spezialgesetzlichen Regelungen zu gefährlichen Hunden noch Sinn und Zweck einen erkennbaren Anhaltspunkt. Die besonderen Regelungen in § 8 Abs. 1 LHundG NRW zu halterseitigen Anzeigepflichten und in § 8 Abs. 3 LHundG NRW zum behördeninternen Informationsaustausch, wenn durch einen Wechsel des Haltungsorts auch die örtlich zuständige Behörde wechselt, tragen dem besonderen öffentlichen Interesse Rechnung, über das Vorhandensein von im Rechtssinn gefährlichen Hunden möglichst jederzeit und lückenlos informiert zu sein. So hat auch das Oberverwaltungsgericht Münster zu § 8 Abs. 3 LHundG NRW unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung ausgeführt, dass die gegenseitige Unterrichtung es nach der gesetzgeberischen Intention der neu zuständigen Behörde ermöglicht, auf Informationen zurückzugreifen, die bei der vorher zuständigen Behörde vorliegen; dadurch wird das Verwaltungsgeschehen vereinfacht, ein kontinuierlicher Vollzug gewährleistet und der Halterin oder dem Halter insbesondere bei Umzügen die „Ummeldung“ des gefährlichen Hundes erleichtert.4
Bei nicht – per se oder nach Einzelfallfeststellung – gefährlichen Hunden, sondern bloß großen Hunden ist die Information der jeweils zuständigen Ordnungsbehörde allein in die Verantwortung der Halter gelegt und gerade nicht durch interbehördlichen Austausch wie in § 8 Abs. 3 LHundG NRW flankiert. Dies ist keineswegs zwingend, aber immerhin nachvollziehbar, wenn man die gesetzlichen Gefährdungseinschätzungen von gefährlichen Hunden einerseits und großen Hunden andererseits berücksichtigt.
Umgekehrt steht einer wie vom Kläger vertretenen einschränkenden Auslegung der Anzeigepflicht nach § 11 Abs. 1 LHundG NRW offenkundig der allgemeine normative Zweck des LHundG NRW als spezielles Gefahrenabwehrgesetz entgegen, bezogen auf die potentiell mit der Unberechenbarkeit des Verhaltens von Hunden verbundene Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum Dritter.5
Jeder Wechsel des Haltungsorts im Sinn des § 13 LHundG NRW löst für große Hunde eine erneute Anzeigepflicht aus. Dies ermöglicht den dann zuständig gewordenen Ordnungsbehörden nicht zuletzt die ihnen gesetzlich überantwortete Aufgabe der Überprüfung der Zuverlässigkeit der Halter nach § 11 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW. Ob die Behörden ansonsten „anlasslos die Haltungsumstände eines lediglich großen Hundes“ prüfen, ist von daher nicht von Bedeutung.
Das Zulassungsvorbringen zeigt auch -so das Oberverwaltungsgericht Münster weiter – keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf. Für die Darlegung dieser Voraussetzungen bedarf es neben der Formulierung einer Rechts- oder Tatsachenfrage, dass der Zulassungsantrag konkret auf die Klärungsbedürftigkeit und -fähigkeit der Rechts- oder Tatsachenfrage sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht.6
Eine Rechtsfrage ist dabei nicht schon klärungsbedürftig, wenn sie noch nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen oder obergerichtlichen Entscheidung war. Nur wenn ihre Klärung gerade eine solche Entscheidung verlangt, muss ein Rechtsmittelverfahren in der Hauptsache durchgeführt werden. Um dies darzulegen, muss ein Kläger aufzeigen, dass die Frage nicht schon anhand der üblichen Auslegungsregeln unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung aus dem Gesetz- oder Verordnungsrecht zu beantworten ist.
Der Kläger formuliert ausdrücklich keine Frage grundsätzlicher Bedeutung. Sollte der Zulassungsbegründung die sinngemäße Frage zu entnehmen sein, ob bei einem Wechsel des Haltungsorts und zuständiger Behörde eine erneute Anzeigepflicht nach § 11 Abs. 1 LHundG NRW besteht, lässt sich diese nach den Erwägungen unter 1. ohne Weiteres aus den einschlägigen Vorschriften selbst beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf. Soweit der Kläger die Grundsatzbedeutung aus Zahlen von Umzügen, Fort- und Zuzügen in NRW und Deutschland herzuleiten versucht, führt dies ebenfalls nicht auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Oberverwaltungsgericht NRW, Beschluss vom 23.05.2024 – 5 A 355/23
ECLI:DE:OVGNRW:2024:0523.5A355.23.00
- Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil – 18 K 8495/22 [↩]
- OVG NRW, Beschluss vom 13.04.2023 – 5 A 3180/21; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 186, 194 [↩]
- OVG NRW, Beschluss vom 02.07.2021 – 19 A 1131/20; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.12.2001 – 8 S 2385/01 [↩]
- OVG NRW, Urteil vom 12.12.2023 – 5 A 3146/21, NWVBl. 2024, 154 [↩]
- OVG NRW, Urteil vom 12.12.2023 – 5 A 3146/21, NWVBl. 2024, 154 [↩]
- BVerfG, Kammerbeschluss vom 16.04.2020 – 1 BvR 2705/16, NVwZ-RR 2020, 905; BVerfG, Beschluss vom 18.06.2019 – 1 BvR 587/17, BVerfGE 151, 173; BVerwG, Beschlüsse vom 22.09.2020 – 1 B 39.20, vom 02.12.2019 – 2 B 21.19, vom 27.01.2015– 6 B 43.14, vom 02.10.1961 – VIII B 78.61; OVG NRW, Beschluss vom 08.12.2022 – 19 A 3042/21 [↩]