Tierisches Mischfuttermittel

Das Verfütterungsverbot von Mischfuttermitteln mit Wiederkäuerfetten an Wiederkäuer verstößt nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Münster gegen europäisches Recht.

Mischfuttermittel, die Wiederkäuerfette enthalten, dürfen (zumindest im Kreis Warendorf) an Wiederkäuer verfüttert werden. Das hat das Verwaltungsgericht Münster in einem kürzlich ergangenen Urteil festgestellt und damit einer Futtermittelfirma aus Warendorf im Wesentlichen Recht gegeben. Die Klägerin, die Importeurin von Mischfuttermitteln ist und gleichzeitig in Warendorf eine Kälber- und Ferkelmast betreibt, beabsichtigt, tierische Fette enthaltende Mischfuttermittel ihrer Schwesterfirmen aus den Niederlanden und Frankreich einzuführen und in der Bundesrepublik Deutschland an Kälber und Ferkel zu verfüttern.

Der Landrat des Kreises Warendorf hatte darauf verwiesen, dass nach dem deutschen Lebens- und Futtermittelgesetzbuch die Verfütterung von Mischfuttermitteln, die tierische Fette enthielten, in der Bundesrepublik Deutschland nicht zulässig sei.

Die Klägerin hatte hingegen den Standpunkt vertreten, das deutsche Verbotsgesetz sei mit dem harmonisierten Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar. Dieser Argumentation folgte das Gericht. Da das Verfütterungsverbot mit unmittelbar geltendem Gemeinschaftsrecht nicht zu vereinbaren sei, gelange es aufgrund des im EG-Vertrag normierten Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts nicht zur Anwendung. Die einschlägige EG-Verordnung Nr. 999/2001 enthalte kein Verfütterungsverbot für Wiederkäuerfette. Die aus Gründen des Gesundheitsschutzes in der Verordnung enthaltenen futtermittelrechtlichen Vorschriften in Bezug auf die TSE/BSE Bekämpfung seien abschließend und ständen einem über diese Regelungen hinausgehenden nationalen Verfütterungsverbot grundsätzlich entgegen. Der europäische Gesetzgeber habe durch die Verordnung, die sich ausdrücklich nur zur Verfütterung tierischer Proteine verhält, eine abschließende Harmonisierung zuvor erlassener zahlreicher Regelungen zur Bekämpfung von BSE bezweckt und bewusst dabei auf ein Verfütterungsverbot für tierische Fette verzichtet. Das ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte der Verordnung und im Vergleich mit anderen gemeinschaftsrechtlichen Regelungen.

Der EG-Vertrag erlaube es Deutschland auch nicht, von einer getroffenen unmittelbar dem Gesundheitsschutz dienenden Gemeinschaftsmaßnahme in Richtung eines stärkeren Gesundheitsschutzes abzuweichen. Auch die zum Zeitpunkt des Erlasses der EG-Verordnung bereits existierenden Schutzmaßnahmen könnten keine weitere Geltung beanspruchen. Insbesondere lägen auf europäischer Ebene keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, die zum Schutz der Gesundheit von Mensch oder Tier eine Verschärfung der Verbotsvorschriften rechtfertigen könnten. Während die Europäische Lebensmittelbehörde in einem Gutachten von 2005 die von Wiederkäuerfetten ausgehenden Gesundheitsgefährdungen als minimal ansehe, teilten Wissenschaftler des Bundesinstituts für Risikobewertung und des Friedrich-Loeffler-Instituts, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, diese Auffassung nicht. Wegen der divergierenden Risikobeurteilungen ist inzwischen ein nach dem europäischen Recht vorgesehenes Verfahren der Zusammenarbeit der nationalen Stellen und der Europäischen Lebensmittelbehörde mit dem Ziel eingeleitet worden, die Divergenzen auszuräumen oder der Kommission ein gemeinsames Papier vorzulegen, in dem die wissenschaftlichen Fragen verdeutlicht und die Unsicherheiten in bezug auf die Daten ermittelt werden. Bis zum Ausgang dieses Verfahrens, dessen Ergebnis offen sei, gelten nach Auffassung des Gerichts die beanstandeten Futtermittel weiterhin als sicher.

Das Verwaltungsgericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Berufung zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zugelassen.

Verwaltungsgericht Münster, Urteil vom 8. August 2007 – 6 K 1923/05 (nicht rechtskräftig)

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