Viele Arbeitgeber gewähren ihren Mitarbeitern Rabatte in unterschiedlicher Ausgestaltung. Hierbei kann es sich um steuerpflichtigen und sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn handeln.
Wie verhält sich dies aber nun in einem Fall, in dem ein Autohersteller den Arbeitnehmern eines verbundenen Unternehmens dieselben Rabatte beim Autokauf wie seinen eigenen Mitarbeitern (Werksangehörigenprogramm) gewährt?
Nach Auffassung des Finanzgerichts Köln handelt es sich hierbei nicht um steuerpflichtigen Arbeitslohn.
In dem konkreten Fall war der Kläger bei einem Zulieferbetrieb I-GmbH eines Autoherstellers X beschäftigt. Der Autobauer war mit 50 % an dem Zulieferer beteiligt und nahm dessen Mitarbeiter in sein Rabattprogramm für Werksangehörige auf. Der Kläger kaufte 2015 ein Neufahrzeug und erhielt dabei im Rahmen der Mitarbeiterkonditionen einen Preisvorteil, der ca. 1.700 Euro über dem üblichen Händlerabschlag lag. Außerdem wurden ihm die Überführungskosten in Höhe von 700 Euro erlassen. Das Finanzamt behandelte diese Vorteile beim Kläger als steuerpflichtigen Arbeitslohn.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem Finanzgericht Köln nun Erfolg.
Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG – neben Gehältern und Löhnen – auch andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG). Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind (sog. Veranlassungsprinzip). Dafür ist es nicht erforderlich, dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegt. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist1. Daher werden Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer regelmäßig zu Arbeitslohn führen, es sei denn der Arbeitgeber verfolgt ausnahmsweise ganz überwiegende eigenbetriebliche Interessen2.
Die Bezüge oder Vorteile müssen, um als steuerpflichtige Einnahmen erfasst werden zu können, Güter sein, die in Geld oder Geldeswert bestehen, und sie müssen dem Arbeitnehmer zugeflossen sein (§ 8 Abs. 1 EStG).
Hingegen führen Zuwendungen eines Dritten, also nicht des Arbeitgebers, an den Arbeitnehmer nur im Ausnahmefall zu Arbeitslohn. Voraussetzung für die Annahme von Arbeitslohn ist auch hier der Veranlassungszusammenhang zwischen Vorteilsgewährung und Arbeitsleistung, folglich dass die Zuwendungen ein Entgelt „für“ Leistungen des Arbeitnehmers darstellen, die dieser im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll3. Die Zuwendung des Dritten muss sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellen und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen. Ein einfacher Kausalzusammenhang zwischen der Leistung des Dritten und dem Dienstverhältnis im Sinne einer „conditio sine qua non“ allein genügt für die Annahme von Arbeitslohn auch im Fall der Drittzuwendung nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass der Dritte dem Arbeitnehmer die Vorteilsentlohnung für die dem Arbeitgeber gegenüber geleisteten Dienste final zuwendet4.
Wird die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt, stellt sie keinen Arbeitslohn dar. Entsprechendes gilt, wenn die Zuwendung auf anderen Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitnehmer und Drittem gründet5.
Verfolgt der Dritte bei der Vorteilsgewährung eigenwirtschaftliche Interessen, scheidet – so das Finanzgericht Köln – die Annahme von Arbeitslohn bereits aus6.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze der höchstrichterlicher Rechtsprechung, die das Finanzgericht Köln für zutreffend hält und denen es folgt, steht zur Überzeugung des Gerichts fest (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), dass X die an den Kläger im Rahmen des Kraftfahrzeugkaufvertrags gewähren Preisvorteile nicht final für die Arbeitsleistung des Klägers bei seinem Arbeitgeber, der I-GmbH, zugewendet hat.
Die Feststellung, ob eine Zuwendung durch das Dienstverhältnis veranlasst ist, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das Finanzgericht; dies gilt auch für die Zuwendung eines Dritten. Die persönlichen Auffassungen und Einschätzungen der an der Zuwendung Beteiligten sind insoweit unerheblich. Entscheidend sind die vorgefundenen objektiven Tatumstände, die vom Finanzgericht als Tatsacheninstanz eigenständig zu würdigen sind5.
Im Streitfall sind die von X an den Kläger auf der Grundlage des sog. „Werkangehörigenprogramms“ gewährten Preisvorteile im rein eigenwirtschaftlichen Interesse von X begründet. X erschließt sich bei den Mitarbeitern der I-GmbH eine leicht zugängliche, unkomplizierte Kundengruppe, die der Marke X durch die Mitwirkung an der Getriebeherstellung für X bereits nahe steht. Durch diese gezielt durch Marketingmaßnahmen anzusprechende Kundengruppe erhofft sich X eine Vergrößerung seines Absatzmarktes an Endverbraucher und somit eine Steigerung seines Umsatzes. Das Finanzgericht Köln stützt seine Überzeugung von den eigenwirtschaftlichen Interessen von X zum einen auf die schriftliche Bestätigung von X vom 29.07.2015, nach der X ausführt, dass das Unternehmen ein hohes Interesse daran habe, möglichst viele Fahrzeuge an eigene Mitarbeiter sowie an Mitarbeiter verbundener Unternehmen – wie hier den Kläger – zu verkaufen. Gerade der Privatkundensektor sei eine sehr wichtige Zielgruppe für X, so dass jede Veräußerung Ertrag bedeute. Jeder Mitarbeiter, der einen X fahre, sei ein Markenbotschafter im Verwandten- und Bekanntenkreis, wovon sich X einen Multiplikator-Effekt verspreche. Der Senat sieht gerade in der Möglichkeit der breiten Streuung von erworbenen Neu- und Gebrauchtwagen im Verwandtenkreis ein entscheidendes Indiz für das eigenwirtschaftliche Interesse von X an den Verkäufen an Mitarbeiter der I-GmbH. Schon aus dem zwischen X und der I-GmbH geschlossenen Vertrag, nach dem die Mitarbeiter der I-GmbH im Jahr bis zu vier Fahrzeuge über X für einen weiten Kreis von Angehörigen erwerben konnten, ergibt sich der von X beschriebene Multiplikator-Effekt. Diese breiten Nutzungsmöglichkeiten zeugen davon, dass X Interesse hat, seine Fahrzeuge einer möglichst großen Anzahl von Personen zu verkaufen. Hierfür bedienen sie sich der Mitarbeiter der I-GmbH wie einer Art „Vertriebspersonen“, die allein durch ihre Arbeitnehmerstellung zur I-GmbH Fahrzeuge von X in der breiten Verwandtschaft „vermarkten“ sollen. Zur Erreichung dieses Ziels betreibt X ein aufwendiges „Werksangehörigenprogramm“ mit monatlich wechselnden Angeboten für den Erwerb von Neu- und Gebrauchtfahrzeugen, besonderen Weihnachtsrabatten oder Rabatten zum Modellwechsel, an dem die Mitarbeiter der I-GmbH partizipieren dürfen. Aus diesen umfangreichen Programmen, für die bei X eine eigene Abteilung zuständig ist, lässt sich das eindeutige Anliegen von X entnehmen, seinen Absatzmarkt für Neu- und Gebrauchtfahrzeuge zu erweitern und damit den Umsatz zu steigern.
Eine Entlohnung des Klägers für seine an seinen Arbeitgeber geleistete Arbeit, die I-GmbH, kann das Finanzgericht Köln hingegen nicht erkennen. Es liegt weder ein abgekürzter Zahlungsweg zwischen der I-GmbH und X vor, noch sind die von X beim Kauf des X G gewährten Preisvorteile final auf die Arbeitsleistung des Klägers gerichtet. Etwaige vertragliche Bestimmungen enthält der Arbeitsvertrag des Klägers nicht. Vielmehr liegt den Preisvorteilen eine eigenständige Rechtsbeziehung zwischen dem Kläger und X zu Grunde, nämlich der Kaufvertrag vom 09.04.2015 mit dem örtlichen X-Händler. Ob der Kläger einen solchen Kaufvertrag abschließt, welches und wie viele Kraftfahrzeuge er pro Kalenderjahr erwirbt, liegt – in dem vorgegebenen Rahmen – allein in seiner Disposition. Eine finale Entlohnung des Klägers für seine geleistete Arbeit bei der I-GmbH ist hierin jedenfalls nicht zu sehen.
Soweit der Beklagte unter Bezugnahme auf das BMF-Schreiben vom 20.01.2015 (BStBl. I 2015, 143 Rn. 1) ein „Überwiegen“ der eigenwirtschaftlichen Interessen des Dritten fordert, um keinen Arbeitslohn anzunehmen, findet dieser Ansatz weder eine Grundlage im Gesetz noch in der o.g. höchstrichterlichen Rechtsprechung7. Zur Begründung nimmt der Beklagte Bezug auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 14.11.20138. In dieser Entscheidung hatte der Bundesfinanzhof jedoch die Frage zu beantworten, ob im unmittelbaren Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausnahmsweise kein Arbeitslohn gegeben sei, wenn der Arbeitgeber Bußgelder der Arbeitnehmer übernehme. An dieser Stelle hat der Bundesfinanzhof zu Recht geprüft, ob der Arbeitgeber im überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse bei der Übernahme der Bußgelder gehandelt habe. Mit dem vorliegenden Fall der Vorteilsgewährung durch Preisnachlässe beim Kauf eines Kraftfahrzeugs durch einen Dritten hat der Fall des Bundesfinanzhofs nach Auffassung des Finanzgerichts Köln jedoch nichts gemein und kann den Ansatz in Randnummer 1 des o.g. BMF-Schreibens nicht begründen.
Darüber hinaus ist es auch nicht ersichtlich, aus welchem Grund ein Überwiegen der eigenwirtschaftlichen Interessen des Dritten zu fordern wäre, da bei Vorteilszuwendungen Dritter nur ausnahmsweise Arbeitslohn anzunehmen ist. Vielmehr ist der Veranlassungszusammenhang zwischen Vorteilsgewährung des Dritten und Arbeitsleistung des Arbeitnehmers vom Finanzamt zu begründen, statt automatisch von einem solchen Zusammenhang auszugehen, wenn der Arbeitnehmer einen Vorteil von einem Dritten erhält.
Der Veranlassungszusammenhang zwischen Vorteilsgewährung des Dritten und Arbeitsleistung des Arbeitnehmers kann im Streitfall auch nicht dadurch begründet werden, dass die I-GmbH und X eine Vereinbarung über die Rabattgewährung beim Fahrzeugneu- und Fahrzeuggebrauchtwagenkauf geschlossen haben, die auf einem „Proposal“ basierte. Diese Vereinbarung legte vielmehr den Umfang der Fahrzeugkäufe, den Personenkreis der späteren Fahrzeughalter und den organisatorischen Ablauf zwischen der I-GmbH und X fest. Sie ist weder Bestandteil des Arbeitsvertrags mit dem Kläger geworden, noch lässt sich daraus ein zielgerichteter Entlohnungscharakter feststellen. Die Vereinbarung erschöpft sich darin, ein – möglicherweise attraktives – allgemeines Kaufangebot für die Mitarbeiter der I-GmbH schriftlich zu fixieren, entsprechende Kraftfahrzeuge bei X zu erwerben, und somit als Basis für die weiteren Marketingmaßnahmen von X bei den Mitarbeitern der I-GmbH zu dienen.
Schließlich führt auch der Umstand, dass X zu 50 von Hundert an dem Arbeitgeber des Klägers, der I-GmbH, im Rahmen eines Joint Ventures beteiligt ist, entgegen dem BMF-Schreiben vom 20.01.20159 und der Ansicht des Beklagten nicht zur Annahme von Arbeitslohn. Das Finanzgericht Köln schließt sich insoweit dem Finanzgericht Hamburg an, welches in seinem Urteil vom 29.11.201710 bereits zutreffend ausgeführt hat, dass der Verwaltungsauffassung anscheinend die Ansicht zu Grunde liege, dass eine – im BMF-Schreiben ohne weitere Definition vorausgesetzte – enge Beziehung zwischen Drittem und Arbeitgeber per se die (unwiderlegliche) Vermutung auslöse, Zweck einer Vorteilsgewährung durch einen Dritten an die Arbeitnehmer des Arbeitgebers sei es eigentlich, dem Arbeitgeber etwas zuzuwenden. Eine solche Vermutung sei aber weder ausdrücklich gesetzlich geregelt noch könne sie der höchstrichterlichen Rechtsprechung entnommen werden.
Zudem ist auch bei verbundenen – im Streitfall noch nicht einmal beherrschten – Unternehmen zunächst auf den Begriff des Arbeitgebers im zivilrechtlichen Sinne abzustellen. Dies folgt bereits aus der Systematik des § 8 EStG, in dessen Abs. 3 der Arbeitgeberbegriff von der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch im Sinne des gesetzgeberischen Willens nach zivilrechtlichen Grundsätzen bestimmt wird11. Stimmen in der Literatur, die die Auslegung des Begriffs im Sinne eines „Konzernarbeitgebers“ bei verbundenen Unternehmen befürworten, überzeugen nicht, so das Finanzgericht Köln. Würde man bei verbundenen Unternehmen nun automatisch von Arbeitslohn ausgehen – wie beim unmittelbaren Arbeitgeber –, wäre dies ein systematischer Bruch zu § 8 Abs. 3 EStG. Letztlich ist es auch bei verbundenen Unternehmen der Tatsachenwürdigung vorbehalten, ob im Einzelfall ein eigenwirtschaftliches Interesse des (verbundenen) Dritten zu verneinen ist.
Finanzgericht Köln, Urteil vom 11.10.2018 – 7 K 2053/17
ECLI:DE:FGK:2018:1011.7K2053.17.00
Das Finanzamt hat Revision eingelegt: Bundesfinanzhof – VI R 53/18
- BFH, Urteil vom 17.09.1982 – VI R 75/79, BFHE 137, 13, BStBl. II 1983, 39; BFH, Urteil vom 16.05.2013 – VI R 7/11, BFHE 241, 525, BFH/NV 2013, 1848 [↩]
- BFH, Urteile vom 17.09.1982 – VI R 75/79, BFHE 137, 13, BStBl. II 1983, 39; vom 16.05.2013 – VI R 7/11, BFHE 241, 525, BFH/NV 2013, 1848; vom 14.11.2013 – VI R 36/12, BFHE 243, 520, BStBl. II 2014, 278 [↩]
- BFH, Urteile vom 18.10.2012 – VI R 64/11, BFHE 239, 270, BStBl. II 2015, 184; vom 28.02.2013 – VI R 58/11, BFHE 240, 345, BStBl. II 2013, 642; vom 18.10.2012 – VI R 64/11, BFHE 239, 270, BStBl. II 2015, 184; vom 10.04.2014 – VI R 62/11, BFHE 245, 213, BStBl. II 2015, 191; vom 01.09.2016 – VI R 67/14, BFHE 255, 125, BStBl. II 2017, 69 [↩]
- BFH, Urteil vom 17.07.2014 – VI R 69/13, BFHE 246, 363, BStBl. II 2015, 41 [↩]
- BFH, Urteil vom 01.09.2016 – VI R 67/14, BFHE 255, 125, BStBl. II 2017, 69 [↩] [↩]
- BFH, Urteil vom 10.04.2014 – VI R 62/11, BFHE 245, 213, BStBl. II 2015, 191; FG Hamburg, Urteil vom 29.11.2017 – 1 K 111/16 [↩]
- ablehnend ebenfalls: FG Düsseldorf, Urteil vom 21.12.2016 – 5 K 2504/14 E, DStRE 2018, 400; Geserich, NWB 2015, 1610, 1616; Wengerofsky DStR 2015, 806, 810 [↩]
- BFH, Urteil vom 14.11.2013 – VI R 36/12, BFHE 243, 520, BStBl. II 2014, 278 [↩]
- BMF-Schreiben vom 20.01.2015, BStBl. I 2015, 143 Rn. 3 [↩]
- FG Hamburg, Urteil vom 29.11.2017 – 1 K 111/16, EFG 2018, 490 [↩]
- BFH, Urteil vom 01.10.2009 – VI R 22/07, BFHE 226, 339, BStBl. II 2010, 204 [↩]