Kaffee und trockenes Brötchen sind kein Frühstück – auch nicht im Steuerrecht

Stellt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern unentgeltlich oder verbilligt Mahlzeiten zur Verfügung, also z.B. ein Frühstück, zur Verfügung, so kann dies zu Arbeitslohn führen, der nach den amtlichen Sachbezugswerten zu versteuern ist.

Was zählt aber als Frühstück?

Mit dieser Frage musste sich nun der Bundesfinanzhof beschäftigen.

In dem konkreten Fall bestellte die Klägerin arbeitstäglich Brötchen (Laugenbrötchen, Käsebrötchen, Käse-Kürbis-Brötchen, Rosinenbrötchen, Schokobrötchen, Roggenbrötchen etc.) sowie Kroamstuten (im Folgenden zusammenfassend „Backwaren“). Die Backwaren standen in der Kantine den gesamten Tag für Mitarbeiter sowie für Kunden und Gäste der Klägerin (die u.A. Schulungen anbietet) zum unentgeltlichen Verzehr zur Verfügung. Einen Belag (wie z.B. Butter, Konfitüre, Käse oder Aufschnitt) für die Backwaren stellte die Klägerin nicht bereit. Die Mitarbeiter, Kunden und Gäste der Klägerin konnten sich zudem ganztägig unentgeltlich aus einem Heißgetränkeautomaten bedienen.

Die Arbeitszeit begann morgens um 8:00 Uhr. Zwischen ca. 9:30 Uhr und 11:00 Uhr hatten die Arbeitnehmer eine etwa halbstündige Pause, die die Klägerin als bezahlte Arbeitszeit behandelte. Die Pause diente der Kommunikation und dem Austausch der einzelnen Abteilungen (Entwicklung, Vertrieb, Support). Die Mitarbeiter sollten miteinander ins Gespräch kommen, Kontakte pflegen und stellenübergreifende Problemlösungen finden. In dieser Zeit waren auch die Führungskräfte und der Vorstand der Klägerin zeitweilig zugegen, um sich im Gespräch mit den Mitarbeitern über Probleme im Unternehmen auszutauschen. Während der Pausen wurde der Großteil der von der Klägerin unentgeltlich zur Verfügung gestellten Backwaren verzehrt.

Im Rahmen einer bei der Klägerin für den Streitzeitraum durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass es sich bei der unentgeltlichen Überlassung der Backwaren und der Möglichkeit, Heißgetränke zu sich zu nehmen, um ein Frühstück handele, das mit den amtlichen Sachbezugswerten zu versteuern sei. Das beklagte Finanzamt folgte der Auffassung des Prüfers und forderte von der Klägerin für den Streitzeitraum Lohnsteuer und Nebenabgaben (Solidaritätszuschlag und Kirchensteuern) nach.

Das Finanzgericht Münster folgte dem nicht  und gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage statt1.

Die hiergegen gerichtetet Revision des Finanzamtes hat der Bundesfinanzhof nun zurückgewiesen.

Es handelt sich nach Auffassung des Bundesfinanzhofs vorliegend nämlich um Aufmerksamkeiten, die schon dem Grunde nach nicht zu Arbeitslohn führen. Entgegen der Auffassung des Finanzamts stellen die unbelegten Backwaren nebst Heißgetränk kein als Arbeitslohn einzustufendes und nach § 8 Abs. 2 Satz 6 EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Abs. 6 Satz 1 der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) zu bewertendes Frühstück dar.

Gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, soweit er arbeitstäglich Mahlzeiten im Betrieb an die Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt abgibt. Voraussetzung ist, dass die Mahlzeiten nicht als Lohnbestandteile vereinbart sind.

Die pauschale Lohnsteuer ist eine von der Steuer des Arbeitnehmers abgeleitete Steuer, die dem Grunde nach durch eine Tatbestandsverwirklichung des Arbeitnehmers entsteht2. Die Übernahme der pauschalen Lohnsteuer durch den Arbeitgeber setzt mithin voraus, dass für den Arbeitnehmer eine in Geldeswert bestehende Einnahme i.S. des § 19 EStG vorliegt.

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG – neben Gehältern und Löhnen – auch andere Bezüge und Vorteile, die „für“ eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG). Zum steuerbaren Arbeitslohn zählen auch Sachbezüge i.S. des § 8 Abs. 2 EStG. Ein solcher Sachbezug kann nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG insbesondere in „Kost“ bestehen.

Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist3.

Diese Grundsätze kommen auch zur Anwendung, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Speisen und Getränke unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung stellt, und zwar ungeachtet der Tatsache, dass Verpflegungsaufwendungen grundsätzlich den für die Einkünfteermittlung unbeachtlichen Bereich der Lebensführung betreffen4.

Nach diesen Maßstäben kommt im Streitfall eine Lohnsteuerpauschalierung nicht in Betracht. Denn es handelt sich bei den zum Verzehr im Betrieb bereitgestellten Backwaren nebst Heißgetränk schon dem Grunde nach nicht um Arbeitslohn.

Die kostenlose Überlassung der Backwaren und Heißgetränke im Streitzeitraum stellte zwar für die Arbeitnehmer der Klägerin einen Vorteil dar. Dieser war jedoch keine Gegenleistung der Klägerin für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft. Hierfür spricht im Streitfall insbesondere, dass die Klägerin die Backwaren und Heißgetränke nur zum sofortigen Verzehr im Betrieb bereitstellte. Sie wurden allen Arbeitnehmern ohne Unterschied gewährt. Der Verzehr fand in der Regel außerdem nicht während echter Pausen, sondern in der (bezahlten) Arbeitszeit statt. Die Arbeitnehmer sollten beim Verzehr der Backwaren und Heißgetränke in der Kantine zusammen kommen und sich über berufliche Angelegenheiten untereinander sowie mit der „Führungsetage“ austauschen.

Bei dieser Sachlage war die Überlassung der Backwaren nebst Heißgetränk mit Aufwendungen des Arbeitgebers zur Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und zur Schaffung günstiger betrieblicher Arbeitsbedingungen vergleichbar, denen keine Entlohnungsfunktion zukommt. Aufgrund dieser Überlegungen hat der Bundesfinanzhof schon bisher z.B. die unentgeltliche Abgabe von Getränken an Arbeitnehmer zum Verbrauch im Betrieb als nicht steuerbare Aufmerksamkeiten angesehen5.

Der Bundesfinanzhof sieht sich bei dieser Beurteilung in Einklang mit der Auffassung der Finanzverwaltung. Nach R 19.6 Abs. 2 Satz 1 der Lohnsteuer-Richtlinien in der im Streitzeitraum und auch weiterhin geltenden Fassung gehören Getränke und Genussmittel, die der Arbeitgeber den Arbeitnehmern zum Verzehr im Betrieb unentgeltlich oder teilentgeltlich überlässt, nicht zum Arbeitslohn. Der Senat hält dies für eine im Grundsatz zutreffende Auslegung des Arbeitslohnbegriffs. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die so zugewandten Vorteile – wie im Streitfall – nur ein geringes Ausmaß erreichen.

Das Finanzgericht Münster hat sich allerdings, so der Bundesfinanzhof weiter, bei seiner insoweit abweichenden Würdigung zu Unrecht auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 04.08.19946 berufen. Der Bundesfinanzhof hat dort entschieden, dass der Arbeitgeber, der seine Arbeitnehmer außerhalb von herkömmlichen Betriebsveranstaltungen bewirtet, in der Regel Arbeitslohn zuwendet und nur ausnahmsweise dann etwas anderes gilt, wenn Speisen und Getränke anlässlich und während eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes aus durch den Arbeitsablauf bedingten Gründen unentgeltlich überlassen werden. Daran hält der Bundesfinanzhof weiterhin fest. Jenes Urteil betraf allerdings einen mit dem Streitfall nicht vergleichbaren Sachverhalt. Der Arbeitgeber bewirtete dort zehnmal im Jahr ausgewählte leitende Angestellte in einer Gaststätte zum Mittagessen. Ein ähnlicher Sachverhalt ist vorliegend nicht zu beurteilen.

Bei den von der Klägerin zur Verfügung gestellten Backwaren und Heißgetränken handelte es sich nach Auffassung des Bundesfinanzhofs insbesondere auch nicht um eine Mahlzeit, wie sie ein Frühstück, Mittagessen oder Abendessen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 3 SvEV darstellt, die grundsätzlich zu Arbeitslohn führt und dann gemäß § 8 Abs. 2 Satz 6 EStG i.V.m. § 2 Abs. 1, Abs. 6 Satz 1 SvEV zu bewerten ist. Das Finanzgericht Münster hat insoweit zutreffend darauf erkannt, dass ein Heißgetränk mit unbelegten Backwaren kein Frühstück darstellt. Nach der Verkehrsanschauung muss für die Annahme eines (einfachen) Frühstücks jedenfalls ein Aufstrich oder Belag hinzutreten. Dabei ist die Art der Brötchen – entgegen der Auffassung des Finanzamtes – ohne Bedeutung. Es würde auch der Praktikabilität der Rechtsanwendung im Massenfallrecht der Lohnsteuer widersprechen, wollte man für die Anforderungen, die an ein Frühstück zu stellen sind, nach der Art der dargereichten Brötchen differenzieren.

Der Bundesfinanzhof teilt auch nicht die Auffassung des Finanzamtes, aufgrund veränderter Essgewohnheiten könne schon ein Kaffee (to go) und ein unterwegs verzehrtes unbelegtes Brötchen als Frühstück angesehen werden. Es handelt sich hierbei vielmehr um einzelne Lebensmittel, die erst durch Kombination mit weiteren Lebensmitteln (z.B. Butter, Aufschnitt, Käse oder Marmelade) zu einem Frühstück werden.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 03.07.2019 – VI R 36/17
ECLI:DE:BFH:2019:U.030719.VIR36.17.0

  1. FG Münster, Urteil vom 31.05.2017 – 11 K 4108/14 []
  2. BFH, Urteile vom 06.05.1994 – VI R 47/93; vom 30.11.1989 – I R 14/87 []
  3. BFH, Urteile vom 07.05.2014 – VI R 73/12; vom 19.11.2015 – VI R 74/14 []
  4. BFH, Urteil vom 18.08.2005 – VI R 32/03 []
  5. BFH, Urteile vom 17.07.1959 – VI 107/57 U; vom 24.01.1975 – VI R 242/71; vom 21.03.1975 – VI R 94/72 []
  6. BFH, Urteil vom 04.08.1994 – VI R 61/92 []

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