Der Orchestermusiker und seine schwarze Hose

Bei den Werbungskosten, die im Rahmen der Einkommensteuer als absetzbar anzuerkennen sind, schauen die Finanzämter regelmäßig genau hin.

Wir hatten hier bereits über den Fall eines Rechtsanwalts berichtet, der erfolglos versucht hatte, Kosten für Anzüge, Hemden, Hosen und Schuhe abzusetzen, da er schliesslich „Wirtschaftsanwalt“ sei und dies zu seiner Berufskleidung gehöre.

Nun war vor dem Finanzgericht Münster Thema die Anerkennung von Kosten für ein schwarzes Sakko und zwei schwarze Hosen als Werbungskosten bei den Einkünften eines Orchestermusikers das Thema.

Geklagt hatte ein Orchestermusiker, der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielte. Aufgrund seines Dienstvertrages ist der Kläger als Orchestermitglied verpflichtet, bei Konzerten eine schwarze Hose, ein schwarzes Sakko, ein weißes oder schwarzes Hemd und Krawatte zu tragen. Der Kläger erhält als Orchestermitglied ein monatliches Kleidergeld in Höhe von 11,79 EUR, das von seinem Arbeitgeber dem Lohnsteuerabzug unterworfen wird.

Im Streitjahr erwarb der Kläger ein schwarzes Sakko für 309,95 EUR und zwei schwarze Hosen für insgesamt 239,90 EUR.

Das Finanzamt erkannte diese Ausgaben nicht als Werbungskosten an.

So hat nun auch das Finanzgericht Münster entschieden.

Nach Auffassung des Finanzgerichts Münster sind die vom Kläger erworbenen zwei schwarzen Hosen und das schwarze Sakko nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers anzuerkennen, denn diese Kleidungsstücke stellen keine typische Berufskleidung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 Satz 1 EStG, sondern bürgerliche Kleidung dar. Auch eine anteilige Berücksichtigung der Aufwendungen für die genannten Kleidungsstücke kommt nicht in Betracht. Die Aufwendungen für die zwei schwarzen Hosen und das schwarze Sakko sind vielmehr als Kosten der privaten Lebensführung anzusehen und gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht steuerlich abziehbar.

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind Aufwendungen als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) abzuziehen, wenn sie durch die Einkünfteerzielung veranlasst sind. Eine solche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind, d.h. wenn sie damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ob Aufwendungen der beruflichen Sphäre oder der privaten Lebensführung im Sinne von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG zuzurechnen sind, entscheidet sich unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 Satz 1 EStG sind Werbungskosten auch Aufwendungen für Arbeitsmittel, zum Beispiel für Werkzeuge und typische Berufskleidung. Das vom Kläger angeschaffte schwarze Sakko und die zwei schwarzen Hosen stellen keine typische Berufskleidung iSv § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 Satz 1 EStG, sondern bürgerliche Kleidung dar.

Um typische Berufskleidung handelt es sich, wenn die berufliche Verwendungsbestimmung bereits in ihrer Beschaffenheit entweder durch ihre Unterscheidungsfunktion, wie z.B. bei Uniformen oder durch dauerhaft angebrachte Firmenembleme, oder durch ihre Schutzfunktion – wie bei Schutzanzügen, Arbeitsschuhen oder Ähnlichem – zum Ausdruck kommt1. Das vom Kläger angeschaffte schwarze Sakko und die zwei schwarzen Hosen erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Die Beschaffenheit dieser Kleidungsstücke bringt keine berufliche Verwendungsbestimmung zum Ausdruck. Dies zeigt sich auch daran, dass der Kläger diese Kleidungsstücke in einem Ladengeschäft erworben hat, welches ausschließlich bürgerliche Kleidung führt. Beide Kleidungsstücke können außerdem ohne Weiteres zu feierlichen privaten Anlässen getragen werden. Darin unterscheidet sich der schwarze Anzug des Klägers von Kleidungsstücken, die angesichts ihrer beruflichen Verwendung eine Verwendung im privaten Bereich nicht mehr zulassen2.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Bundesfinanzhof die Aufwendungen für den schwarzen Anzug eines Oberkellners als steuerliche abzugsfähige Werbungskosten angesehen hat3. Der Bundesfinanzhof begründete dies mit den besonderen Umständen des Einzelfalles. Der schwarze Anzug solle der Position als Oberkellner Ausdruck verleihen und seiner Tätigkeit den auch von den Gästen erwarteten äußeren Rahmen geben. Bei einem solchen Sachverhalt diene der schwarze Anzug nicht dem üblichen Zweck als festliche Kleidung, sondern erfülle nahezu ausschließlich eine berufliche Funktion3. Die vom üblichen Verwendungszweck unterschiedliche Funktion verleihe dem schwarzen Anzug regelmäßig den Charakter einer typischen Berufskleidung. Im Streitfall hat der Kläger demgegenüber selbst vorgetragen, dass der in der dienstlichen Bekleidungsvorschrift vorgeschriebene schwarze Anzug ein uniformes und festliches Erscheinungsbild des gesamten Orchesters gewährleisten solle. Mit der herausgehobenen Position des Klägers als Solo-Künstler innerhalb des Orchesters hängt die Bekleidungsvorschrift daher nicht zusammen. Die Bekleidungsvorschrift unterstreicht vielmehr, dass die Orchestermitglieder einen schwarzen Anzug in seiner auch vom Bundesfinanzhof angenommenen üblichen Funktion als festlichem Kleidungsstück tragen sollen. Schwarze Anzüge werden üblicherweise nur zu festlichen Anlässen getragen. Ein Oberkellner oder ein Leichenbestatter tragen einen schwarzen Anzug als alltägliches Kleidungsstück. Hier verleiht die vom üblichen Verwendungszweck unterschiedliche Funktion dem schwarzen Anzug regelmäßig den Charakter einer typischen Berufskleidung. Im Fall des Klägers entspricht aber das Tragen eines schwarzen Anzugs bei einem Auftritt mit dem Orchester gerade dessen üblichem Verwendungszeck als festlicher Kleidung.

Der Umstand, dass der Kläger nach seinen Angaben das schwarze Sakko und die zwei schwarzen Hosen ausschließlich im Rahmen seiner Tätigkeit als Orchestermusiker trägt und er hierzu dienstlich verpflichtet ist, ändert an dieser Beurteilung nichts, denn die Benutzung der schwarzen Kleidungsstücke für private Zwecke ist grundsätzlich möglich und wäre, bei einem entsprechend festlichen privaten Anlass wie einem runden Geburtstag, einer Hochzeit oder einer Konfirmation, auch üblich. Aufwendungen für bürgerliche Kleidung führen selbst dann nicht zum Werbungskostenabzug, wenn diese Kleidung ausschließlich bei der Berufsausübung benutzt wird4. Die Berücksichtigung der Aufwendungen für Bekleidung als Werbungskosten scheidet wegen des Abzugsverbots des § 12 Nr.1 Satz 2 EStG bereits immer dann aus, wenn die private Benutzung eines Kleidungsstücks als bürgerliche Kleidung im Rahmen des Möglichen und Üblichen liegt5. Auch wenn die konkreten Kleidungsstücke, wie es der Kläger im Streitfall vorträgt, ohne die beruflichen Gründe überhaupt nicht angeschafft worden wären und sie der Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen dienen sollen, ist das Tragen bürgerlicher Kleidung jedenfalls auch gleichzeitig deswegen der allgemeinen Lebensführung zuzurechnen, weil es dem menschlichen Bedürfnis nach Bekleidung Rechnung trägt6.

Auch die monatliche Zahlung eines Kleidergeldes durch den Arbeitgeber des Klägers führt nicht dazu, dass die vom Kläger erworbenen schwarzen Kleidungsstücke den Charakter typischer Berufskleidung erhalten. Der Arbeitgeber des Klägers erkennt durch diese Zahlung an, dass er durch seine Bekleidungsvorschrift zur Entstehung der Ausgaben beigetragen hat. Gleichzeitig wird dem Kläger aber von seinem Arbeitgeber nach Aktenlage eine private Verwendung der Kleidungsstücke nicht untersagt. Der Kläger ist auch nicht verpflichtet, die bei Konzerten getragenen schwarzen Kleidungsstücke im Theater zu belassen.

Eine Aufteilung der Aufwendungen für das schwarze Sakko und die beiden schwarzen Hosen in einen beruflich veranlassten und einen privat veranlassten Teil entsprechend der Arbeitszeit des Klägers kommt nicht in Betracht.

Dem steht nicht entgegen, dass § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nach neuerer Rechtsprechung des Bundefinanzhofs kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot enthält7. Die Vorschrift steht einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber anhand ihrer beruflichen bzw. privaten Anteile trennbaren Aufwendungen nicht entgegen. Ist ein abgrenzbarer Teil der Aufwendungen beruflich veranlasst, ist dieser als Werbungskosten abziehbar. Zwar wäre danach auch eine Aufteilung von Aufwendungen für bürgerliche Kleidung bei feststehender Arbeitszeit möglich. Derartige Aufwendungen sind aber nach den Vorschriften über das steuerliche Existenzminimum grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 9 EStG entzogen8. Ein – auch teilweiser – Abzug als Werbungskosten scheidet daher aus8. Inwieweit gleichwohl ein etwa gegebener beruflicher Mehraufwand zu berücksichtigen ist, bleibt danach in erster Linie der Entscheidung des Gesetzgebers überlassen, der einen Werbungskostenabzug in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG nur für typische Berufskleidung zugelassen hat7. Um typische Berufskleidung handelt es sich im Streitfall gerade nicht. Die Beurteilung der Abziehbarkeit der Aufwendungen für bürgerliche Kleidung entspricht damit im Ergebnis der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vor Ergehen des Beschlusses vom 13.11.20138.

Finanzgericht Münster, Urteil vom 13.07.2016 – 8 K 3646/15 E

  1. BFH, Beschluss vom 06.06.2005 – VI B 80/04 []
  2. BFH, Urteil vom 30.09.1970 – I R 33/69 –  für den schwarzen Anzug eines Leichenbestatters []
  3. BFH, Urteil vom 09.03.1979 – VI R 171/77 [] []
  4. BFH, Beschluss vom 06.06.2005 – VI B 80/04; BFH, Urteil vom 20.11.1979 – VI R 25/78 []
  5. BFH, Urteile vom 06.12.1990 – IV R 65/90; vom 20.03.1992 – VI R 55/89 []
  6. BFH, Urteil vom 20.03.1992 – VI R 55/89 []
  7. BFH, Beschluss vom 21.09.2009 – GrS 1/06 [] []
  8. BFH, Beschluss vom 13.11.2013 – VI B 40/13 [] [] []

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