Wir hatten hier über eine Entscheidung des Finanzgerichts Köln berichtet, wonach unter gewissen Umständen nicht nur Spenden, sondern auch Mitgliedsbeiträge zu gemeinnützigen Vereinen steuerlich als Sonderausgaben geltend gemacht werden können. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, da das Finanzamt Revision eingelegt hat1.
Die Entscheidung des Finanzgerichts Köln gab Anlaß zu einer Kleinen Anfrage FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag, in der u.A. gefragt wurde, ob die Bundesregierung die Nichtabziehbarkeit von Mitgliedsbeiträgen zu gemeinnützigen Vereinen noch für zeitgemäß hält. Der Text der Kleinen Anfrage ist durchaus lesenswert.
Die Bundesregierung vertritt in ihrer Antwort – kurz gefasst – die Auffassung, dass Mitgliedsbeiträge überwiegend der Freizeitgestaltung der Mitglieder dienten und sieht desalb keinen Anlaß für eine Gesetzesänderung. Bei der Entscheidung des Finanzgerichts Köln handele es sich ohnehin nur um eine Einzelfallentscheidung.
Die FDP-Fraktion hatte u.A. eingangs ihrer Kleinen Anfrage geschrieben:
Im Jahr 2020 waren 24,27 Millionen Menschen in Deutschland Mitglied in einem Sportverein (Quelle: Deutscher Olympischer Sportbund – Bestandserhebung 2020). In Regionen mit unter 5 000 Einwohnern sind über 40 Prozent der Menschen im Jahr 2020 in einem oder mehreren Vereinen organisiert gewesen (Quelle: Verbrauchs- und Medienanalyse – VuMA 2021).
Spenden an steuerbegünstigte Körperschaften können steuerlich umfassend berücksichtigt werden. Demgegenüber können Mitgliedsbeiträge nach der aktuellen Rechtslage nur stark eingeschränkt steuermindernd geltend gemacht werden. Nach § 10b Absatz 1 Satz 8 EStG bleiben Mitgliedsbeiträge an Organisationen für Sport, für kulturelle Betätigungen der Freizeitgestaltung, für Heimatpflege und -kunde sowie für Tierzucht, Pflanzenzucht, Kleingärtnerei, traditionelles Brauchtum einschließlich des Karnevals, der Soldaten- und Reservistenbetreuung, des Amateurfunkens, des Modellflugs und des Hundesports nicht abziehbar.
Der 10. Senat des Finanzgerichts Köln hat mit Urteil vom 25. Februar 2021 (Aktenzeichen 10 K 1622/18) entschieden, dass eine gemeinnützige Organisation für Mitgliedsbeiträge Zuwendungsbestätigungen nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck (§ 50 Absatz 1 EStDV) ausstellen dürfe, wenn die Betätigungen über die Freizeitgestaltung hinausgehen. Insoweit kommt es auf die verwirklichten Zwecke der Organisation an.
Hier einige der Fragen und die diesbezüglichen Antworten, damit man sich ein Bild machen kann:
Frage der FDP-Fraktion:
Welche grundsätzliche Bedeutung misst die Bundesregierung den Mitgliedschaften und dem Engagement von vielen Bürgerinnen und Bürgern in steuerbegünstigten Organisationen bei?
Antwort Bundesregierung:
Ehrenamtliches Engagement von Bürgerinnen und Bürgern unseres Staates verdient große Anerkennung und es leistet einen wertvollen Beitrag für unsere Gesellschaft. Bürgerinnen und Bürger, die sich ehrenamtlich für andere einsetzen, schaffen ein großes soziales Netzwerk und leisten einen wesentlichen Beitrag zu einem menschlichen, wertebewussten Miteinander in unserer Gesellschaft.
Frage der FDP-Fraktion:
Hält die Bundesregierung die Beschränkung der Abziehbarkeit von Mitgliedsbeiträgen im Sinne des § 10b Absatz 1 Satz 8 EStG angesichts der Lebenswirklichkeit vieler Bürgerinnen und Bürger noch für zeitgemäß und gerechtfertigt?
Antwort Bundesregierung:
Die bestehende gesetzliche Regelung des § 10b Absatz 1 Satz 8 EStG beinhaltet Zuwendungen, die typischerweise überwiegend der Finanzierung von Leistungen der Vereine an die Mitglieder dienen oder die in erster Linie der Freizeitgestaltung der Mitglieder förderlich sind. Der
Bundesregierung sind keine rechtlichen und tatsächlichen Anhaltspunkte dafür bekannt, die eine gesetzliche Änderung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von derartigen Mitgliedsbeiträgen rechtfertigen.
Frage der FDP-Fraktion:
Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung für die bestehende Rechtslage aus dem Urteil des Finanzgerichts Köln vom 25. Februar 2021 (Aktenzeichen 10 K 1622/18)?
Antwort Bundesregierung:
Das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 25. Februar 2021 (Az. 10 K 1622/18) ist eine Entscheidung eines Finanzgerichts zu einem Einzelfall. Das Bundesministerium der Finanzen verantwortet den gleichmäßigen Gesetzesvollzug im gesamten Bundesgebiet und zieht daher aus Einzelfallentscheidungen einzelner Finanzgerichte eines Landes keine Schlussfolgerungen.
Frage der FDP-Fraktion:
Wie steht die Bundesregierung zu einer Streichung von § 10b Absatz 1 Satz 8 EStG und einer damit verbundenen steuerlichen Berücksichtigung sämtlicher Mitgliedsbeiträge an steuerbegünstigte Organisationen?
Welche Risiken sieht die Bundesregierung?
Antwort Bundesregierung:
Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom 10. Oktober 2007 (BGBl. I 2007, 2332; BStBl. I 2007, 815) die Regelung ins EStG überführt. Hintergrund der Regelung ist, dass Mitgliedsbeiträge an Vereine, die hauptsächlich „nach innen“ wirken, also in erster Linie ihre Mitlieder fördern, nicht abzugsfähig sind. Die steuerliche Berücksichtigung sämtlicher Mitgliedsbeiträge scheitert daran, dass sie nicht „der Allgemeinheit“ zugutekommen.
Frage der FDP-Fraktion:
Welche fiskalischen Folgen wären zu erwarten?
Antwort Bundesregierung:
Mangels Datengrundlage liegen dazu keine Schätzungen vor.
Jedoch würden sich pro Jahr bereits rd. 1 Mrd. Euro Steuermindereinnahmen ergeben, wenn man unterstellt, dass jede erwachsene Person jährlich durchschnittlich nur 100 Euro nach § 10b EStG als steuerbegünstigte Zuwendung zusätzlich geltend machen kann.
Anmerkung:
Ob die Entscheidung des Finanzgerichts Köln vor dem Bundesfinanzhof hält, muss man abwarten. Die Bundesregierung will die gesetzlichen Regelungen aber jedenfalls nicht zugunsten der Absetzbarkeit der Mitgliedsbeiträge ändern. U.E. ist die letzte Antwort (die steuerlichen Mindereinnahmen) der Knackpunkt. Man darf – auch im Hinblick auf die vorletzte Antwort – nicht vergessen, dass an die Anerkennung eines Vereins als „gemeinnützig“ hohe Anforderungen gestellt werden. Dann andererseits darauf abzustellen, dass die Mitgliedschaft wiederum nur dem einzelnen zugute komme, halten wir für fragwürdig – erst recht nach der ersten Antwort.
Aber: Man wird abwarten müssen!