Schuldzinsen für betrieblich aufgenommenes Darlehen sind nach Betriebsaufgabe keine nachträglichen Betriebsausgaben, wenn aus privaten Gründen nicht alle Wirtschaftsgüter zur Deckung der Schulden veräußert werden, so der Bundesfinanzhof in einem jetzt veröffentlichten Urteil.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind im Fall einer Betriebsaufgabe Schuldzinsen für betrieblich begründete Betriebsausgaben nur insoweit nachträgliche Betriebsausgaben, als die zugrunde liegenden Verbindlichkeiten nicht durch eine mögliche Verwertung von Aktivvermögen beglichen werden können. In dem aktuellen Urteil hat der BFH nun erkannt, dass Verwertungshindernisse nur dann eine Ausnahme vom Grundsatz des Vorrangs der Schuldenberichtigung rechtfertigen, wenn sie ihren Grund in der ursprünglich betrieblichen Sphäre haben.
Werden Wirtschaftsgüter im Falle einer Betriebsaufgabe ins Privatvermögen übernommen, sind die verbleibenden betrieblichen Verbindlichkeiten –gleichgültig zu welchem Zweck sie aufgenommen worden sind– nun diesen Wirtschaftsgütern zuzuordnen. Werden diese Wirtschaftsgüter dann im Rahmen einer anderen Einkunftsart genutzt, können die Schuldzinsen ggf. als Betriebsausgaben/Werbungskosten steuerlich geltend gemacht werden.
Im Streitfall hatte der Kläger bei Aufgabe seiner gewerblichen Tätigkeit Betriebsvermögen im Wert von ca. 190.000 DM (zwei als Büroräume genutzte Zimmer seines ansonsten zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhauses sowie Fahrzeuge) aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt. Das betriebliche Darlehen valutierte im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe mit 130.000 DM. Der Kläger nutzte die Büroräume dann im Rahmen seiner nichtselbständigen Tätigkeit. Der BFH erkannte die Schuldzinsen nicht als nachträgliche Betriebsausgaben aus der gewerblichen Tätigkeit des Klägers an. Es stehe nicht im Belieben des Unternehmers, im Falle einer Betriebsaufgabe betrieblich veranlasste Verbindlichkeiten zu tilgen. Vorrangig sei die Schuldentilgung und nicht die Befriedigung privater Bedürfnisse. Ein Verwertungshindernis, das eine Ausnahme vom Grundsatz des Vorrangs der Schuldenberichtigung rechtfertige, müsse deshalb seinen Grund in der betrieblichen Sphäre haben. Diese Voraussetzung liege im Streitfall nicht vor. Der Kläger habe aus privaten Gründen darauf verzichtet, sein privates Wohnhaus zu veräußern. Ein objektives Veräußerungshindernis liege damit nicht vor.
Die auf die Büroräume entfallenden Schuldzinsen könnten jedoch als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (in den Grenzen des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG) berücksichtigt werden.
1. Im Falle einer Betriebsaufgabe sind Schuldzinsen für betrieblich begründete Verbindlichkeiten nur insoweit nachträgliche Betriebsausgaben, als die zugrunde liegenden Verbindlichkeiten nicht durch eine mögliche Verwertung von Aktivvermögen beglichen werden können; nicht tilgbare frühere Betriebsschulden bleiben solange noch betrieblich veranlasst, bis ein etwaiges Verwertungshindernis entfallen ist. Eine Ausnahme vom Grundsatz des Vorrangs der Schuldenberichtigung rechtfertigen jedoch nur solche Verwertungshindernisse, die ihren Grund in der ursprünglich betrieblichen Sphäre haben (Fortentwicklung des BFH-Urteils vom 19. August 1998 X R 96/95, BFHE 187, 21, BStBl II 1999, 353).
2. Werden im Falle einer Betriebsaufgabe aktive Wirtschaftsgüter aus privaten Gründen zusammen mit der ursprünglich betrieblich begründeten Verbindlichkeit ins Privatvermögen übernommen, sind die Schulden –gleichgültig, ob sie zur Finanzierung allgemein betrieblicher Zwecke oder bestimmter, nun nicht mehr im Betriebsvermögen vorhandener Wirtschaftsgüter aufgenommen wurden– bis zur Höhe des Werts der ins Privatvermögen übernommenen Wirtschaftsgüter diesen zuzuordnen.
3. Werden die ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter im Rahmen einer anderen Einkunftsart genutzt, stehen die durch die ursprünglich betrieblichen Verbindlichkeiten verursachten Schuldzinsen nun in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dieser neuen Einkunftsart und können bei dieser ggf. als Betriebsausgaben/Werbungskosten steuerlich geltend gemacht werden.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 28.03.07 – X R 15/04