Wieder einmal: das häusliche Arbeitszimmer des Freiberuflers

Die Frage, was unter den Begriff des „häuslichen Arbeitszimmers“ fällt, ist – insbesondere in den Nuancen – immer wieder Streitthema. Das Finanzgericht Düsseldorf hatte sich nun in einem Fall mit zwei Konstellationen zu beschäftigen (der klagende Architekt war im Veranlagungszeitraum umgezogen und hat für beide Wohnungen unterschiedliche Räume als häusliches Arbeitszimmer in der Steuererklärung angegeben).

Zunächst betrieb der Kläger sein Architekturbüro in seiner Privatwohnung in der Z-straße. In dieser nutzte er ein Arbeitszimmer und den Abstellraum in der Wohnung als Büro und einen Kellerraum als Archiv (insgesamt 58,3 qm). Auf die weiteren Räume (Wohn- und Schlafzimmer, Küche, Diele, Bad/WC) entfielen 66,62 qm. Der Kläger machte die zwischen den Beteiligten unstreitigen Mietaufwendungen (ohne Nebenkosten) für die Wohnung i.H.v. EUR 9.570 für das Jahr 2006 und EUR 3.949,38 für das Jahr 2007 je zur Hälfte als Betriebsausgaben des jeweiligen Jahres geltend.

Sodann verzog der Kläger in die Y-Straße. Dort nutzte er einen Teil des Wohn- und Esszimmers als „Büro“, in dem sich ein Schreibtisch mit Computer sowie mehrere Aktenschränke befanden. Das Wohn- und Esszimmer war rechteckig zugeschnitten. Wenn das Wohnzimmer von der Diele aus betreten wird, befinden sich von der Tür aus rechts bis zum Ende des Zimmers der mit dem Sideboard abgetrennte „Büroteil“ und links der „Wohnzimmerteil“. Der Büroteil war durch ein ca. 1m hohes Sideboard vom Rest des Zimmers abgetrennt. Neben dem Sideboard befindet sich noch ein Durchgang zum Rest des Wohnzimmers. In diesem Wohnzimmerteil befand sich auch ein Tisch mit vier Stühlen, der als „Besprechungsplatz“ bezeichnet wurde. Vom Büroteil aus gelangt man durch eine Tür in die Küche, die jedoch auch über die Diele erreicht werden kann. Zudem nutzte der Kläger zwei Kellerräume als Büro und einen Kellerraum als Archiv und rechnete den halben Kellerflur diesen geschäftlich genutzten Räumen zu (insges. 33,99 qm – in den 74,48 qm nicht enthalten). Von den zwischen den Beteiligten unstreitigen Mietaufwendungen (ohne Nebenkosten) für diese Wohnung i.H.v. EUR 8.100 machte der Kläger die Hälfte (EUR 4.050) als Betriebsausgaben geltend.

Vorab das Ergebnis:

Das Finanzgericht Düsseldorf ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beklagte zu Recht für die Wohnung Zstraße nur die Mietaufwendungen für Arbeitszimmer, Abstellraum und beruflich genutzte Kellerräume als Betriebsausgaben anerkannt hat.

Für die Wohnung Ystraße wurden – so das Finanzgericht Düsseldorf – ebenfalls zu Recht nur die Aufwendungen für die beruflich genutzten Kellerräume als Betriebsausgaben anerkannt.

In genereller Hinsicht ist zu dem Themenkomplex zunächst folgendes festzustellen:

Die anteiligen Aufwendungen für Küche, Diele und Bad/WC sind keine abzugsfähigen Betriebsausgaben i.S.v. § 4 Abs. 4 EStG.

Betriebsausgaben sind gemäß § 4 Abs. 4 EStG die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Eine solche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind1.

Nach § 12 Nr. 1 EStG hingegen dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, soweit in den dort genannten Vorschriften nichts anderes bestimmt ist. Dazu gehören auch die Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (§ 12 Nr. 1 S. 2 EStG).

Aufwendungen für die eigene Wohnung können bei der Einkommensteuer grundsätzlich nicht abgezogen werden, weil es sich bei diesen Aufwendungen regelmäßig um solche der privaten Lebensführung i.S. des § 12 Nr. 1 Satz 1 EStG handelt2.

Daran hat sich durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Aufteilungs- und Abzugsverbot im Beschluss vom 21.09.20091 nichts geändert. Dieser hat in Bezug auf Reisekosten entschieden, dass die Vorschrift des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber anhand ihrer beruflichen und privaten Anteile trennbaren Reisekosten nicht entgegenstehe. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG normiere danach kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot. Bestünden keine Zweifel daran, dass ein abgrenzbarer Teil von Aufwendungen beruflich veranlasst sei, bereite seine Quantifizierung aber Schwierigkeiten, so sei dieser Anteil unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu schätzen. Griffen jedoch die -für sich gesehen jeweils nicht unbedeutenden- beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge (z.B. bei einer beruflich/privaten Doppelmotivation für eine Reise) so ineinander, dass eine Trennung nicht möglich sei, fehle es also an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung, so komme ein Abzug der Aufwendungen insgesamt nicht in Betracht3.

Reisekosten unterscheiden sich jedoch nach Auffassung des Bundesfinanzhofs von den grundsätzlich nicht abziehbaren und nicht aufteilbaren unverzichtbaren Aufwendungen für die Lebensführung, die nach Maßgabe des subjektiven Nettoprinzips durch die Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums (§ 32a Abs. 1 Nr. 1, § 32 Abs. 6 EStG) pauschal abgegolten oder als Sonderausgaben (insbesondere gemäß § 10 EStG) oder außergewöhnliche Belastungen (§§ 33 ff. EStG) abziehbar sind. Zwar ließen sich theoretisch auch Aufwendungen etwa für bürgerliche Kleidung, für eine Brille oder für eine Armbanduhr bei feststehender Arbeitszeit durchaus entsprechend aufteilen. Derartige Aufwendungen sind aber, wenn sie nach den Vorschriften über das steuerliche Existenzminimum, als Sonderausgaben oder als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4 und des § 9 EStG entzogen, um eine doppelte Berücksichtigung zu vermeiden. Inwieweit gleichwohl ein etwa gegebener beruflicher Mehraufwand zu berücksichtigen ist, bleibt danach in erster Linie der Entscheidung des Gesetzgebers überlassen, etwa in § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG: „Mehraufwand für Verpflegung“ oder § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG: „typische Berufskleidung“1.

Entgegen der Auffassung des Klägers werden auch die Kosten der privaten Unterkunft (Bruttokaltmiete und vergleichbare Aufwendungen für Haus- oder Wohnungseigentum) bei der Bemessung des steuerlichen Existenzminimums unter Berücksichtigung der im Steuerrecht notwendigen Typisierung berücksichtigt4, so dass diese grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4 EStG entzogen sind; es sei denn der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, einen etwaigen beruflichen Mehraufwand zum Abzug zuzulassen.

Eine solche Entscheidung hat der Gesetzgeber für den Abzug von Aufwendungen für die (privat genutzte) Wohnung nur hinsichtlich eines häuslichen Arbeitszimmers in § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG getroffen.

Gemäß § 4 Abs. 5 EStG dürfen die dort aufgezählten Betriebsausgaben den Gewinn nicht mindern. Nach Nr. 6b sind dies die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung. Dies gilt in der für die Veranlagungszeiträume 2006 und 2007 geltenden Fassungen jedoch u.a. dann nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Dann ist der Betriebsausgabenabzug in unbegrenzter Höhe zugelassen.

Häusliches Arbeitszimmer in diesem Sinne ist ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer bzw. verwaltungsorganisatorischer Arbeiten dient5.

In dem entschiedenen Fall führt dies zu folgender Beurteilung:

1. Wohnung Z-straße

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Beklagte in dem entschiedenen Fall zutreffend den Abzug der anteiligen Mietaufwendungen für Küche, Diele, Bad/WC als Betriebsausgaben abgelehnt.

Küche, Diele und Bad/WC befinden sich zwar in der häuslichen Sphäre des Klägers; sie erfüllen jedoch nicht die Kriterien eines häuslichen Arbeitszimmers im Sinne der vorgenannten Vorschrift. Sie werden vom Kläger unstreitig weder ausschließlich noch nahezu ausschließlich zu den oben genannten Arbeiten genutzt und sind auch nicht entsprechend ausgestattet.

Wie und in welchem Umfang der Kläger diese Räume überhaupt für seine berufliche Tätigkeit nutzen will, hat er bereits nicht schlüssig dargelegt und nachgewiesen, so das Finanzgericht Düsseldorf. Dabei handelt es sich jedoch um eine Grundvoraussetzung, um überhaupt zu einer Aufteilung der Aufwendungen zu gelangen. Dies gilt insbesondere an der Grenzlinie zwischen Berufs- und Privatsphäre, da dort ein Anreiz für den Steuerpflichtigen besteht, Privataufwendungen als beruflich veranlasst darzustellen, um so den Abzug dieser Aufwendungen zu erreichen. Den Steuerpflichtigen trifft daher eine umfassende Darlegungs- und Nachweispflicht in diesem Bereich6.

Allein die Tatsache, dass der Kläger in der Wohnung Zstr. über ein steuerlich anzuerkennendes häusliches Arbeitszimmer verfügte, dessen Aufwendungen unter Beachtung der Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG abzugsfähig sind, führt jedenfalls nicht dazu, dass auch andere Räume anteilig als beruflich genutzt gelten. Das Verhältnis der Flächen von beruflich genutzten Zimmern und von ihm als rein privat genutzt bezeichneten Zimmern erlaubt ebenfalls keinen Rückschluss auf eine eventuelle berufliche Nutzung der von ihm als gemischt genutzt bezeichneten Räume.

Eine (anteilige) berufliche Nutzung der Diele in einer Privatwohnung wurde nicht schlüssig dargelegt. Eine Diele dient im Regelfall nur als Durchgangszimmer, um in die Wohnung bzw. von einem Raum in den anderen zu gelangen. Inwieweit hier eine Unterscheidung von privaten und beruflichen Durchquerungen erfolgen soll, sofern eine solche überhaupt möglich ist, hat der Kläger nicht dargelegt.

Gleiches gilt für die Nutzung der Küche. Sie wird im Allgemeinen zur Aufbewahrung und Zubereitung von Speisen sowie deren Verzehr genutzt. Dabei handelt es sich um Tätigkeiten der privaten Lebensführung. Auch die Aufwendungen für den Erwerb der Nahrungsmittel gehören bereits zu den nichtabzugsfähigen Aufwendungen nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 EStG, soweit nicht ausnahmsweise eine Abzugsfähigkeit nach § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG zulässig ist. Es ist daher nicht erkennbar, inwieweit die Küche überhaupt durch den Kläger für berufliche Zwecke genutzt werden soll. Gleiches gilt für die Nutzung des (einzigen) Bad/WC in der privaten Wohnung. Diese Räume haben immer einen wesentlichen Bezug zur Privatsphäre.

Der Kläger hat in den Streitjahren im Rahmen seiner Tätigkeit als Architekt in den Streitjahren auch weder Angestellte, die Küche und WC mit benutzt hätten, in seiner Wohnung beschäftigt noch Kunden in größerem Umfang zu Hause empfangen.

Aus dem Beschluss des Großen Senates des Bundesfinanzhofs vom 21.09.20091 folgt nichts anderes. Dort lag die anteilige berufliche Veranlassung der Reise, für deren Aufwendungen der Abzug begehrt wurde, unstreitig vor. Lediglich die Bestimmung des Anteils der beruflichen Veranlassung war zu prüfen

Selbst wenn eine jeweils für sich nicht unbedeutende berufliche und private Nutzung schlüssig dargelegt und nachgewiesen werden sollte, würden die Nutzungen vorliegend so ineinander greifen, dass keine objektiven Kriterien für eine sachgerechte Aufteilung der Kosten vorhanden sind, so dass ein Abzug der Aufwendungen insgesamt nicht in Betracht kommt6.

Denn entgegen der Auffassung des Klägers stellen die Flächenverhältnisse von rein privat genutzten Flächen und rein beruflich genutzten Flächen aus den oben dargestellten Gründen keinen sachgerechten Aufteilungsmaßstab für eine berufliche Nutzung von Küche, Diele, Bad/WC dar.

2. Wohnung Y-strasse

Der Beklagte hat ebenfalls zutreffend auch die anteiligen Mietaufwendungen, die auf die „Arbeitsecke“ des Klägers in der Wohnung Ystraße entfallen, nicht als Betriebsausgaben anerkannt, so das Finanzgericht Düsseldorf.

In der Wohnung Ystraße wurden zutreffend nur die Mietaufwendungen für die als Büro und Archiv genutzten Kellerräume und der anteilige Flur als Betriebsausgaben anerkannt.

Der Gesetzgeber hat die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für privaten Wohnraum in § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG nur für Räume zugelassen, die als häusliches Arbeitszimmer eingestuft werden können.

Nach der bislang geltenden Rechtsprechung wurde die Berücksichtigung entsprechender Aufwendungen daher versagt, wenn zwischen dem privaten Wohnbereich des Steuerpflichtigen und dem Arbeitszimmer keine klare Abgrenzung gegeben war, da dann stets eine nicht völlig untergeordnete privat Mitbenutzung angenommen wurde und unter Rückgriff auf § 12 Nr. 1 EStG der Abzug insgesamt versagt wurde7.

Etwas anderes gilt, wenn es sich bei den Räumlichkeiten um solche handelt, die nicht in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden sind und damit nicht zur privaten Wohnung oder zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehören.

Maßgebend ist, ob eine innere häusliche Verbindung des Arbeitszimmers mit der privaten Lebenssphäre des Steuerpflichtigen besteht. Dabei ist das Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall entscheidend. So sind zum Beispiel eine Arzt-, Steuerberater- oder Anwaltspraxis, die an das Einfamilienhaus angrenzt oder sich im selben Gebäude wie die Privatwohnung befindet keine häuslichen Arbeitszimmer, sondern unbegrenzt abzugsfähige betriebliche Räume, wenn diese Räumlichkeiten für einen intensiven und dauerhaften Publikumsverkehr geöffnet und z.B. bei häuslichen Arztpraxen für Patientenbesuche und -untersuchungen eingerichtet sind. Hier sind die berufliche und private Sphäre hinreichend getrennt, so dass keine Veranlassung besteht, die Abzugsfähigkeit der betreffenden Aufwendungen von weiteren als den in § 4 Abs. 4 EStG genannten Kriterien abhängig zu machen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den Kellerräumen um häusliche Arbeitszimmer i.S.v. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG handelt oder um sonstige beruflich genutzte Räume. Da der Kläger seine Tätigkeit ausschließlich in diesen Räumen ausübt und diese den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit darstellen, wären die Aufwendungen auch im Fall des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG der Höhe nach unbegrenzt abzugsfähig.

Die 12,29 qm große Arbeitsecke im Wohn-/Esszimmer hingegen ist in die häusliche Sphäre des Klägers eingebunden, so dass sie nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG abzugsfähig ist.

Sie erfüllt jedoch nicht die Voraussetzungen eines häuslichen Arbeitszimmers im Sinne dieser Vorschrift.

Nach Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf gilt dies auch angesichts der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs, der nunmehr von einer vorrangigen Aufteilungspflicht ausgeht.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass bei einer gemischten Nutzung von Wohnraum, der sowohl für berufliche als auch für private Zwecke genutzt wird, auch nach dem Beschluss des Großen Senates die Aufwendungen weiterhin nicht aufteilbar sind, da diese nach dem subjektiven Nettoprinzip über die Freistellung des Existenzminimums bereits berücksichtigt seien8. Im Übrigen sei im Streitfall eine Aufteilung bereits deswegen nicht möglich gewesen, da keine klare und eindeutige Abgrenzbarkeit der Aufwendungen nach objektiven Kriterien möglich sei.

Das Finanzgericht Hamburg kam unter Berücksichtigung des Beschlusses des Großen Senates ebenfalls zu einer Versagung der Abzugsfähigkeit der anteiligen Mietaufwendungen, allerdings mit der Begründung, dass im zu entscheidenden Fall die betrieblichen und die privaten Veranlassungsbeiträge so ineinander greifen, dass eine Trennung nicht möglich ist9.

Ob die Regelung des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG daher so auszulegen sei, dass sie nunmehr auf einen ggfs. abtrennbaren Bereich des Raumes anzuwenden sei, oder ob dies vielmehr eine abschließende Regelung darstelle, die die Berücksichtigung eines gemischt genutzten Raumes generell ausschließe, ließ das Finanzgericht ausdrücklich offen.

Dem gegenüber hat das Finanzgericht Köln entschieden, dass der Umstand, dass das steuerliche Existenzminimum bereits zur Berücksichtigung von Wohnraumkosten führt, nichts daran ändere, dass Kosten für einen betrieblich genutzten Raum als Erwerbsaufwendungen zu berücksichtigen seien. Sei eine sachgerechte Aufteilung möglich, so seien auch nur die privat veranlassten Aufwendungen bei der Freistellung des Existenzminimums berücksichtigt. Unter Rückgriff auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 24.02.201110 hat das Finanzgericht Köln eine hälftige Aufteilung als sachgerecht angesehen, wenn ein anderer Aufteilungsmaßstab nicht ersichtlich ist.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat sich der Auffassung des Finanzgerichts Baden-Württemberg angeschlossen, dass die Kosten für eine private Wohnung bereits in der Berechnung des Existenzminimums in der Form einer typisierenden Berechnung berücksichtigt sind.

Kosten für Wohnraum fallen nach dieser Auffassung daher unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG.

Der Gesetzgeber hat hiervon eine Ausnahme in § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG vorgesehen. Diese ist jedoch abschließend. Nach Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf spricht bereits der Wortlaut dagegen, Teile von gemischt genutzten Räumen als häusliches Arbeitszimmer zu betrachten. Der Wortlaut spricht vielmehr für eine raumbezogene Betrachtung, die das einzelne Zimmer einer Wohnung als kleinste Einheit ansieht, die der privaten oder der beruflichen/betrieblichen Sphäre zugerechnet werden kann. Auch die Gesetzesbegründung zur Einführung des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG (damals noch Nr. 10) durch das JStG 1996 spricht davon, dass ein Abzug von Aufwendungen zulässig sein soll, wenn die berufliche Nutzung eines Raumes bestimmten Anforderungen (Mindestanteil an der Gesamttätigkeit, kein anderer Arbeitsplatz vorhanden) genügt11.

Schließlich spricht auch die Gesetzessystematik und Zweck der Vorschrift für eine Begrenzung auf einzelne Räume. Die einzelnen Ziffern des § 4 Abs. 5 EStG enthalten eine Abzugsbegrenzung oder ein Abzugsverbot für Aufwendungen, die regelmäßig die private Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren. An dieser Grenzlinie zwischen Berufs- und Privatsphäre besteht ein Anreiz für den Steuerpflichtigen, Privataufwendungen als beruflich veranlasst darzustellen. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in Bezug auf eine sachgerechte Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer entschieden, dass ein erheblicher Gestaltungsraum des Gesetzgebers besteht sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach, da eine effektive Kontrolle der tatsächlichen Nutzung häuslicher Arbeitszimmer wegen des engen Zusammenhangs zur Sphäre der privaten Lebensführung und des Schutzes durch Art. 13 GG wesentlich eingeschränkt oder gar unmöglich ist. Individuell gestaltete Besonderheiten dürfen hier mit der Festsetzung einer typisierenden Höchstgrenze unberücksichtigt bleiben. Angesichts der möglichen vielfältigen Faktoren, von denen die Entscheidungen der Steuerpflichtigen über Lage, Größe und Qualität ihrer Wohnung einschließlich eines Arbeitszimmers abhängen, ist insbesondere der Ansatz einer grob pauschalierenden Höchstgrenze verfassungsrechtlich unbedenklich. Dem Gesetzgeber bleibt es auch unbenommen, bei der Bestimmung des Höchstbetrages die objektiv gegebene, staatlich jedoch nicht beobachtbare Möglichkeit privater Mitbenutzung des häuslichen Arbeitszimmers pauschal zu berücksichtigen12.

Der Gesetzgeber durfte daher im Rahmen seines ihm zustehenden Gestaltungsspielraumes zur Abgrenzung von privater und beruflicher Veranlassung im Bereich der Privatwohnung eine raumbezogene Betrachtung vornehmen und typisierend annehmen, dass eine klare und eindeutige Trennung von privater und beruflicher Nutzung nach objektiven Merkmalen bei einem gemischt genutzten Raum nicht möglich ist.

Dies gilt auch dann, wenn, wie vorliegend, die berufliche Nutzung auf einen optisch abgegrenzten Bereich des Raumes beschränkt ist.

Denn auch in diesen Fällen gelten die oben genannten Erwägungen. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung wäre eine gleichzeitige Nutzung des Raumes zu privaten Zwecken und zu beruflichen Zwecken durch mehrere Personen wegen der gegenseitigen Störungen nur schwer vorstellbar.

Hinzu kommt, dass der Anteil der betrieblichen und beruflichen Nutzung durch ein Umstellen der Möbel sowohl der Größe nach als auch der Häufigkeit nach fast beliebig verändert werden kann. Eine klare und eindeutige Trennung von privater und beruflicher Veranlassung ist daher auch in diesen Fällen nicht möglich.

Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem Wohn-/Esszimmer in der Ystraße nicht um ein häusliches Arbeitszimmer, da das Zimmer insgesamt nicht nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Raum, soweit er vom Kläger als „Wohnraum“ bezeichnet wird, privat genutzt wird. Jedoch befindet sich in diesem Teil des Zimmers auch ein Tisch mit vier Stühlen, an dem offenbar Besprechungen mit Kunden stattfinden.

Die Abtrennung der Schreibecke durch ein ca. 1m hohes Sideboard, das noch einen Durchgang von über einem Meter Breite zwischen Wohnbereich und Arbeitsecke frei lässt, ist nicht ausreichend, um einen vom Wohnzimmer getrennten eigenen Raum annehmen zu können, der einer eigenen vom Wohnbereich unabhängigen Nutzung zugänglich ist.

Hinzu kommt, dass es zwar auch einen Zugang zur Küche gibt, der über die Diele führt; nach allgemeiner Lebenserfahrung kann jedoch davon ausgegangen werden, dass der Arbeitsbereich damit auch als Durchgang zur Küche genutzt wird, wenn man sich im Wohnbereich aufhält, da dies der kürzeste Weg ist.

Die Revision hat das Finanzgericht Düsseldorf wegen der unterschiedlichen finanzgerichtlichen Rechtsprechung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 06.02.2012 – 7 K 87/11 E

  1. BFH, Beschluss vom 21.09.2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672 [] [] [] []
  2. BFH,  Urteil vom 06.03.2008 – VI R 3/05, BFH/NV 2008, 1314 []
  3. so auch FG Köln, Urteil vom 19.05.2011 – 10 K 4126/09 []
  4. vgl. insoweit zur Berechnung: Achter Existenzminimumbericht der Bundesregierung, BT-Drs. 17/5550, S.3f. []
  5. BFH,  Urteil vom 19.09.2002 – VI R 70/01, BStBl. II 2003, 139 []
  6. BFH, Beschluss vom 21.09.2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672 [] []
  7. vgl. etwa BFH,  Urteil vom 29.11.2006 – VI R 3/04, BStBl. II 2007, 308; BFH, Beschluss vom 16.08.2005 – VI B 8/05, BFH/NV 2005, 2006;  BFH, Urteil vom 18.10.1983 – VI R 180/82, BStBl. II 1984, 110 []
  8. Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 2.2.2011 – 7 K 2005/05 []
  9. FG Hamburg, Urteil vom 08.06.2011 – 6 K 121/10 []
  10. BFH, Urteil vom 24.02.2011 – VI R 12/10 []
  11. BT-Drs. 13/1686 S. 16 []
  12. BVerfG, Beschluss vom 06.07.2010 – 2 BvL 13/09; BVerfG, Urteil vom 07.12.1999 – 2 BvR 301/98 []

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