Üben macht auch nur Arbeit

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hatte darüber zu entscheiden,  ob das in der eigenen Wohnung gelegene Übezimmer eines Orchestermusikers einem häuslichen Arbeitszimmer gleichsteht. Das Finanzgericht hat diese Frage bejaht.

Streitig war, ob die Aufwendungen eines angestellten Berufsmusikers für einen häuslichen Raum, in dem er für seine Auftritte probt (sog. Übezimmer) unbegrenzt oder nach den Regelungen über die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur begrenzt als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig sind.

Der Kläger ist als Orchestermusiker bei der X beschäftigt und bezieht aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben erzielt er aufgrund der Teilnahme an Konzerten Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

In seiner angemieteten Wohnung nutzte der Kläger einen Raum als häusliches „Übezimmer“. Hierin befanden sich neben einem Schrank und einem Regal, in denen Noten, Musikbücher und kleinere Musikinstrumente bzw. Zubehör hierzu aufbewahrt wurden, weitere Musikinstrumente.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung machten der Kläger und seine Ehefrau bei den Werbungskosten des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit die Kosten für das „Übezimmer“ als Werbungskosten geltend, wobei sie neben anteiliger Miete Reinigungs- und Einrichtungskosten geltend machten.

Das Finanzamt erkannte lediglich Raumkosten in Höhe von 1.250 EUR sowie die geltend gemachten Aufwendungen für die Einrichtung des Übezimmers in Höhe von 457,40 EUR als Werbungskosten an. Zur Begründung führte es aus, die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer einschließlich dessen Ausstattung (jedoch mit Ausnahme von Arbeitsmitteln) könnten nur bis 1.250 EUR berücksichtigt werden, weil das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung des Kl darstelle.

Der Kläger erhob nach erfolglosem Einspruch Klage und vertrat die Auffassung, ein häusliches Arbeitszimmer diene vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer bzw. organisatorischer Arbeiten. Ebenso sei sein Übezimmer nicht mit einer typischen Büroeinrichtung wie Schreibtisch, PC o.ä. ausgestattet. Das Übezimmer diene ausschließlich zum Üben und Musizieren. Als Einrichtungsgegenstände befänden sich lediglich die Musikinstrumente und einige Regale für die Notenablage im Raum. Büroähnliche Tätigkeiten würden in diesem Raum nicht verrichtet. Demnach sei ein solcher Überaum, der seiner Ausstattung und Funktion nicht einem Büro entspreche, nicht als ein häusliches Arbeitszimmer im Sinne des Gesetzes zu bezeichnen, sondern er sei mit Werkstatträumen, Lagerräumen oder Tonstudios gleichzustellen.

Dies sah das Finanzgericht Baden-Württemberg nicht so.

Für die Beurteilung kommt es nach Auffassung des Finanzgerichts nicht darauf an, dass der Übe-Raum nicht der Erledigung schriftlicher Arbeiten diene und weder mit einem Schreibtisch noch sonst mit bürotypischen Gegenständen wie etwa einem Computer oder einem Telefon ausgestattet sei. Entscheidend sei vielmehr, dass der Musiker den Raum zur häuslichen Vorbereitung der späteren Aufführung der Musikstücke im Rahmen seines Orchesters und damit in
einer Weise nutze, die derjenigen anderer, bürotypischer Berufe vergleichbar sei.
Folge dieser Bewertung ist, dass die Aufwendungen für das Übezimmer regelmäßig nur bis zu 1.250 € im Jahr steuerlich geltend gemacht werden können.

 

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 06.04.2011 – 4 K 5121/09

 

 

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