Radarwarngeräte – Widerrufsrecht auch bei sittenwidrigem Vertrag

Kaufverträge über Radarwarngeräte sind aufgrund des Verbotes der Geräte sittenwidrig. Kann ein Verbraucher, der ein Radarwarngerät im Wege des Fernabsatzes kauft, diesen Kaufvertrag widerrufen?

Der Bundesgerichtshof hat diese Frage nunmehr bejaht.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Nach einem telefonischen Werbegespräch vom 1. Mai 2007 bestellte die Klägerin am darauf folgenden Tag per Fax einen Pkw-Innenspiegel mit einer unter anderem für Deutschland codierten Radarwarnfunktion zum Preis von 1.129,31 € (brutto) zuzüglich Versandkosten. Der von Klägerin ausgefüllte Bestellschein enthält unter anderem den vorformulierten Hinweis:

„Ich wurde darüber belehrt, dass die Geräte verboten sind und die Gerichte den Kauf von Radarwarngeräten zudem als sittenwidrig betrachten.“

Die Lieferung des Gerätes erfolgte per Nachnahme am 9. Mai 2007. Die Klägerin sandte am 19. Mai 2007 das Gerät an die Beklagte zurück und bat um Erstattung des Kaufpreises. Die Beklagte verweigerte die Annahme des Gerätes und die Rückzahlung des Kaufpreises.

Daraufhin erhob die Klägerin Klage und beantragte unter anderem die Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises zuzüglich 8,70 € Rücksendungskosten, insgesamt 1.138,01 €.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht dagegen hat der Klage stattgegeben.

Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Oberlandesgericht bestätigt und urteilte, daß die Klägerin als Verbraucherin aufgrund des ausgeübten Widerrufs Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages habe. Sie könne die Rückzahlung des Kaufpreises (§ 346 BGB) und Erstattung der Kosten für die Rücksendung des Gerätes verlangen (§ 357 Abs. 2 Satz 2 BGB).

Diesem Ergebnis lagen folgende Überlegungen des Bundesgerichtshofes zugrunde:

Der Kaufvertrag über den Erwerb eines Radarwarngeräts sei zwar nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sittenwidrig und damit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn der Kauf nach dem für beide Seiten erkennbaren Vertragszweck auf eine Verwendung des Radarwarngeräts im Geltungsbereich der deutschen Straßenverkehrsordnung gerichtet sei (Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. Februar 2005 – VIII ZR 129/04). Das Recht der Klägerin, sich von dem Fernabsatzvertrag zu lösen, werde davon jedoch nicht berührt. Ein Widerrufsrecht nach §§ 312d, 355 BGB beim Fernabsatzvertrag sei unabhängig davon gegeben, ob die Willenserklärung des Verbrauchers oder der Vertrag wirksam sei. Der Sinn des Widerrufsrechts beim Fernabsatzvertrag bestehe darin, dem Verbraucher ein an keine materiellen Voraussetzungen gebundenes, einfach auszuübendes Recht zur einseitigen Loslösung vom Vertrag in die Hand zu geben, das neben den allgemeinen Rechten bestehe, die jedem zustünden, der einen Vertrag schließt.

Der Bundesgerichtshof ist in seinem Urteil der Auffassung entgegengetreten, nach der sich der Verbraucher bei einer Nichtigkeit des Vertrages dann nicht auf sein Widerrufsrecht berufen könne, wenn er den die Vertragsnichtigkeit nach §§ 134, 138 BGB begründenden Umstand jedenfalls teilweise selbst zu vertreten habe. Ein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen unzulässiger Rechtsausübung könne nur bei besonderer Schutzbedürftigkeit des Unternehmers in Betracht kommen. Daran fehle es jedoch, wenn – wie im hier entschiedenen Fall – beiden Parteien ein Verstoß gegen die guten Sitten zur Last falle.

Der nun entschiedene Fall unterscheide sich damit von demjenigen, der dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. Februar 2005 – VIII ZR 129/04 – zugrunde gelegen habe. Der dortige Käufer, der ein Widerrufsrecht nach § 312d BGB nicht geltend gemacht habe, konnte die Rückzahlung des Kaufpreises für ein Radarwarngerät nicht verlangen, weil der dort zu beurteilende Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB) an der Kondiktionssperre des § 817 S. 2 BGB scheiterte. Nach dieser Bestimmung sei die Rückforderung einer zur Erfüllung eines wegen Sittenwidrigkeit nichtigen Vertrages erbrachten Leistung ausgeschlossen, wenn beiden Parteien ein Sittenverstoß zur Last falle. Für den dem Verbraucher im Falle des Widerrufs eines Fernabsatzgeschäfts zustehenden Kaufpreisrückzahlungsanspruch aus § 346 BGB gelte diese Kondiktionssperre nicht.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 25. November 2009 – VIII ZR 318/08

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